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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Frage zum Thema Arbeitsrecht



Ex-User-1
12.03.2011, 14:44
Vielleicht gibt's ja hier jemanden, der sich auskennt.

Ein Bekannter von mir hat von seiner Firma seit Monaten kein Gehalt bekommen. Jetzt war er bei der Gewerkschaft, die haben einmal 150 Euro genommen (ist auch ok, weil er dort nicht Mitglied ist) um ihn zu vertreten.

Was mir allerdings sehr seltsam vorkommt: die haben behauptet, er müsse bis zur Gerichtsverhandlung dort weiter arbeiten (auch wenn er nach wie vor kein Geld bekommt), würde er kündigen, verlöre er alle Ansprüche.

In Österreich gibts die Möglichkeit eines vorzeitigen Austritts (analog zur fristlosen Kündigung durch den Arbeitgeber) wegen wichtigem Grund. In diesem Fall wäre das die fortgesetzte Nichtzahlung des Lohns.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand, der seinen Unterhalt nicht mehr bestreiten kann, weil er monatelang keinen Lohn bekommen hat, gezuwungen wird, ohne Lohn weiterzuarbeiten, nur damit er seine Ansprüche nicht verliert.

felin
12.03.2011, 15:02
Die Ansprüche auf das ausstehende Gehalt verliert er nicht wenn er kündigt, aber er bekommt dann keine Abfindung.

Ex-User-1
12.03.2011, 15:05
Danke Felin für die schnelle Antwort.

Hab mich vielleicht schlecht ausgedrückt: es geht um den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Abfindung gibts ja nach einem Jahr noch nicht?

...und - wie gesagt - gibt's im spanischen Arbeitsrecht nicht so etwas wie einen vorzeitigen Austritt wenn es die Umstände (aus Verschulden des Arbeitgebers) nicht zulassen, länger für eine Firma zu arbeiten?

queru
12.03.2011, 15:15
Ich kann es mir eigentlich auch nicht vorstellen. Was ich mir vorstellen könnte wäre, dass er weiterarbeiten muss bis der Termin beim Schiedgericht vorbei ist. Ich weiss es aber nicht genau. Ich werde mich am Montag bei einer kompetenten Stelle informieren und Bescheid geben.

Egal wie die Antwort dann aussieht: Die Justiz kann nichts dafür, dass jemand monatelang wartet bis er beim Schiedsgericht bzw. beim Sozialgericht seinen Lohn reklamiert. Der Arbeitgeber muss den Lohn nach spätestens 1 Monat zahlen (Artikel 29 des Real Decreto Legislativo 1/1995, de 24 de marzo, por el que se aprueba el texto refundido de la Ley del Estatuto de los Trabajadores), dann lass ich mir nochmal eine Kulanzfrist von 15-20 Tagen eingehen und dann muss es aber gut sein.

Wenn hier auf Gran Canaria jemand auch nur einmal den Lohn nichts pünklichst (sagen wir mal bis zum 5.) zahlen kann, dann sollte man sich schon mal nach einem neuen Job umsehen. Das wird dann im alten nichts mehr.

Ich sehe gerade ein Urteil das ich überflog, hier heisst es auf Seite 4


En este caso en el momento de presentación de la demanda, noviembre de 2006, se
adeudaban al actor los salarios de julio, agosto, septiembre y octubre, habiendo sido
ingresada el día anterior a dicha presentación la paga extraordinaria de julio. Durante la
tramitación de la demanda y hasta el acto del juicio, enero de 2007, se llegaron a
adeudar también al actor los salarios de noviembre y diciembre, así como la paga
extraordinaria de Navidad, si bien los salarios de julio y agosto fueron abonados en el
mes de noviembre. El día anterior al acto del juicio se le ingresaron al actor los salarios
de septiembre, octubre, noviembre y paga extraordinaria de Navidad, quedando
pendiente el mes de diciembre de pago. Este conjunto de faltas y retrasos en el abono
del salario debido adquiere además mayor gravedad si se toma en consideración que
incluye también las dietas y compensaciones de gastos de viaje, al implicar el puesto de
trabajo desplazamientos cuyos gastos han de ser adelantados por el trabajador. No
estamos ante un retraso esporádico o circunstancial, sino ante una conducta sostenida
durante varios meses y reiterada en el tiempo, de manera que reúne la suficiente
gravedad como para dar lugar la resolución del contrato, puesto que la causa del mismo
para el trabajador es esencialmente la percepción del salario, que además debe hacerse
con la debida puntualidad. Cuando dicha percepción se ve suprimida o gravemente
alterada estamos ante un incumplimiento empresarial que afecta al núcleo del sinalagma
contractual, lo que habilita al trabajador para optar por la resolución contractual,
conforme a los principios generales artículo 1.124 del Código Civil que se concretan en
el ámbito laboral dentro del artículo 50 del Estatuto de los Trabajadores.

http://www.judithtabaresabogados.com/wp-content/uploads/2010/Laboral/Jurisprudencia/TSJ%20extincion%20de%20contrato%20por%20falta%20de %20pago%20de%20salario%2030-09.pdf

Aus dem könnte man entnehmen, dass die Verzögerung der Lohnzahlung, sofern sie nicht sporadisch oder umständehalber ist schon ein Kündigungsgrund wären. Aber das ist noch mit Vorsicht zu geniessen, der eine Richter denkt so der andere anders.

Ich würde abwarten was ich am Montag erfahre.

queru
12.03.2011, 15:18
Hab mich vielleicht schlecht ausgedrückt: es geht um den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Abfindung gibts ja nach einem Jahr noch nicht?
Abfindung gibt es immer, selbst bei Zeitverträgen, was einige Arbeitgeber noch anderst sehen.
Arbeitslosengeld wäre ich vorsichtig, genau da könnte es zu Problemen führen. Ich hoffe ich weiss am Montag genaueres.

felin
12.03.2011, 15:20
Danke Felin für die schnelle Antwort.

Hab mich vielleicht schlecht ausgedrückt: es geht um den Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Das kann ich Dir am Wochenende nicht exakt sagen, kann aber sehr gut sein das man eine Sperrzeit bei eigener Kündigung bekommt. Kann am Montag unseren Gewerkschaftskollegen fragen.


Abfindung gibts ja nach einem Jahr noch nicht?
Die steht einem immer zu, nur die Höhe ist abhängig von der Dauer der Beschäftigung.
Ist auch Abhängig, welchen Vertrag er hat.
es gibt inzwischen 2 Grundunterschiede.
Bei dem "alten" werden 45 Tage pro Jahr auf die Abfindung angerechnet und bei dem "neuen" sind es 33 Tage pro Jahr.
Es gibt aber nach wie vor beide Vertragsarten.

Ist vielleicht auch für alle die interessant, die einen neuen Vertrag vom Arbeitgeber "angeboten" bekommen. Immer gucken, ob nich still und heimlich die schlechtere Alternative untergeschoben werden soll.


...und - wie gesagt - gibt's im spanischen Arbeitsrecht nicht so etwas wie einen vorzeitigen Austritt wenn es die Umstände (aus Verschulden des Arbeitgebers) nicht zulassen, länger für eine Firma zu arbeiten?

Da muss ich passen.

felin
12.03.2011, 15:25
LOL, queru nu wieder :grin:
Warste schneller :wink:

Ex-User-1
12.03.2011, 15:37
Lieber felin, lieber Queru,

ein ganz großes Dankeschön für Eure Mühe. Wäre wirklich toll, wenn ihr da Montags was rausfinden könnt.

Die Situation ist für ihn unerträglich, er hat sich jetzt - auf inoffiziellen Rat der Gewerkschaftsangestellten - krankschreiben lassen, aber sein Problem ist, dass er ja sonst nirgens arbeiten und Geld verdienen kann.

Ich helfe ihm zwar ein wenig, aber er ist jedesmal total beschämt und fühlt sich ganz besch...eiden, weil er aus eigener Kraft nix tun kann.

Ex-User
12.03.2011, 16:19
Ich kenn einige denen das auch passiert ist, und weiss was die alles probiert haben um an ihr Geld zu kommen, Gewerkschaft, Gerichte usw. Das war soviel Lauferei für die wochenlang, eine hatte auch einen spanischen Anwalt beauftragt extra und selbst bezahlt. Ich kenne keinen wo es Erfolg hatte, sorry. Ich würde mir lieber so schnell wie möglich einen neuen Job suchen.

Meist bringt das alles nichts, weil bei dem Chef einfach nix mehr zu holen ist, und das dauert alles vor den Gerichten auch seine Zeit.

Ich würde diesen Weg wirklich nur gehen wenn ich 100% weiss der hat Geld hier in Spanien. Dann ist sicher einiges an Geld da rauszuholen (bzw. zurückzuholen,steht ihm ja zu) und das krankschreiben lassen ist auch eine gute Idee. Aber wenn da die Möglichkeit eines neuen Jobs besteht würde ich die nutzen, dann braucht er ja auch kein Arbeitslosengeld mehr.

Ansonsten sollte man das Gehalt auch nochmal zusätzlich schriftlich einfordern , aber das habt ihr ja sicher schon gemacht, Correos Burofax ist dafür eine Möglichkeit (mit Acuse de recibo und Certificado).

felin
12.03.2011, 16:26
Als Arbeitnehmer hat man in ES ganz gute Rechte und die Gewerkschaft einzuschalten ist ein guter Weg.
So ohne weiteres würde ich das Geld mal nicht abschreiben.
Kostet doch nichts, versteh Dich da nicht so ganz "tom" :sad:

Ex-User-1
12.03.2011, 16:26
Tom, das ist bei der Gewerkschaft schon alles im Laufen, die stellen den Anwalt etc.
Und bei dem ist schon noch was zu holen, der hat ein Haus...
Aber danke für Deine Info und schönes WoE

queru
12.03.2011, 16:42
Absolut richtig. Auf keinen Fall auf die Gelder verzichten denn die kriegt er auf jeden Fall. Wenn der Arbeitgeber pleite ist dann zahlt der Gehaltsfond der Regierung. Das funktioniert immer. Ich kenne 2 Beispiele da hat es perfekt funktioniert, hat zwar lange gedauert aber die Kohle kam irgendwann. Beide Beispiele wurden auch von Anwälten der Gewerkschaft gemacht. Die kassieren dann von der Summe eine Erfolgsprämie. Ich glaube 20%, weiss die Prozentzahl nicht mehr genau.

Ex-User
12.03.2011, 17:17
Drauf verzichten würde ich auch nicht, aber sowas kann einen psychisch fertig machen.

Wenn queru sagt er kennt Fälle, die Erfolg hatten , freut mich das. Dann wird er bernie´s Kumpel ja sicher helfen können.

Ich kenn ein paar Leute die Abfindungen bekommen haben, aber das war immer wegen Rauswurf oder Firmenauflösung. Also da war Geld vorhanden in den 3 Firmen die mir bekannt sind bzw. deren Mitarbeiter.

Bei den anderen, die ausstehenden Lohn einklagen wollten, war das zumindest in den 2 mir bekannten Firmen nicht erfolgreich, auch der Fond war nicht eingesprungen.Einer der Chefs hatte auch ein Haus allerdings hoch verschuldet, und der Chef der anderen Firma hatte sich dann nach Deutschland abgesetzt.Der Fall mit dem Chef der das Haus hat, läuft allerdings noch (schon über ein halbes Jahr geht das). Der andere Fall da haben die Mitarbeiter zumindest nach 2 Jahren genau 0 bekommen trotz ewiger Lauferei und Behördengängen.

Deswegen würde ich jetzt jedem raten sich lieber schnellstmöglichst einen neuen Job zu suchen als ewig etwas hinterherzutrauern.Aber OK wenn der Aufwand im Rahmen bleibt.. Wünsche jedenfalls viel Erfolg.

felin
14.03.2011, 08:56
Hi bernie117,

ich habe jetzt die ersten Infos für Dich.

Das ist alles wohl nicht so einfach.
Also wenn er von sich aus kündigt, verliert er den Anspruch auf die Abfindung.
Auch ein Anrecht auf Arbeitslosengeld hat er dann nicht...... aber.......
Es gibt die Möglichkeit, das die Gewerkschaft durchsetzen kann das er Arbeitslosengeld erhält, darum müssen sich aber die kümmern.
Außerdem sollte ein „Embargo judical de la cuenta corriente“ der Firma eingereicht werden.
Es gib da noch so verschiedene andere Tricks, die er machen könnte.
So z.B. zum Finanzamt gehen und denen erklären das er keine Steuern bezahlen kann, aus bekannten Gründen.
Ansonsten der Gewerkschaft auf jeden Fall auch Druck machen.

Ex-User-1
14.03.2011, 09:09
Danke Felin für die schnelle und kompetente Antwort.

Die Gewerkschaft ist ohnehin schon am arbeiten, die haben schon Klage eingereicht.

Was ich nur nicht verstehe: Du arbeitest, bekommst kein Geld, bist pleite (mit allen Folgen: kannst keine Miete bezahlen, nichts zu Essen kaufen....), darfst aber nicht kündigen, weil Du dann Ansprüche verlierst und wartest letztendlich wahrscheinlich jahrelang auf dein Geld...

Kann nur sagen (und das betrifft nicht nur Spanien): zwischen recht haben und recht bekommen ist ein himmelhoher Unterschied :?:

queru
14.03.2011, 12:24
So habe aus kompetenter Stelle Auskunft bekommen:

Wenn der Arbeiter aufhören würde zu arbeiten dann würde er einseitig die Konditionen des Arbeitsvertrages ändern und das darf er nicht. Arbeitslosengeld würde er dann keines bekommen da er freiwillig aufgehört hat zu arbeiten.

Obwohl der Arbeitsgeber momentan einseitig die Konditionen des Arbeitsvetrages änderte (da er den Lohn nicht zahlt) so muss der Arbeiter auf die Entscheidung des Richters warten der dann sagt, ob er dies auch so sieht.
Gegen das Urteil in 1. Instanz kann übrigens Einspruch eingelegt werden. Zu diesem Zweck muss die Firma das geschuldete Geld bei Gericht einzahlen. Hierzu sagte man mir, dass manche Firmen diesen Einspruch sogar nur deshalb einlegen, damit der Arbeitnehmer nicht so schnell an sein Geld kommt (da es ja erstmal und bis zur Entscheidung der 2. Instanz “nur” bei Gericht liegt). Der Arbeiter muss so lange weiterarbeiten bis der Richter sagt, dass das Arbeitsverhältnis aufgelöst ist.
Ausserdem bekam ich bestätigt, dass viele Arbeiter sich in so einer Situation erstmal krank melden.

Ex-User-1
14.03.2011, 12:29
Auch Dir, lieber Queru, ganz herzlichen Dank für Deine Mühe.
Auch wenn's keine guten Nachrichten sind, aber Klarheit ist immer besser.

felin
24.02.2018, 07:06
Liebe Menschen auf Gran Canaria, die Ihr einen Job sucht. Wenn Ihr auch noch so verzweifelt seid, PRÜFET jedes Angebot 5 mal, wenn die Arbeit mit Call-Center und Telefonieren zu tun hat. In der Regel verdienen die Arbeitgeber mit der Arbeitskraft der Angestellten, weil sie mit ihren Leistungen durchaus mal vom Gesetz abweichen und der Angestellte meist keine oder nicht ausreichend Spanisch spricht, um sich zu wehren. Ich rate von dem Angebot nicht ab, aber warne vor Fallen. Darum seid vorsichtig und prüft die Verträge auf Herz und Nieren. Investiert durchaus mal 30 Euro und lasst einen spanischen Arbeitsvertrag, den ihr nicht versteht, von einem Anwalt checken!
Wobei man aber sagen muss, wenn der Arbeitsvertrag vom Gesetz abweicht etc., hat der Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht schon verloren.
Die Gerichte sind da durchaus gut, das kann sich zwar hinziehen aber die Aussichten sind gut. Die Kosten für den Anwalt sind Erfolgsorientiert und der möchte ja verdienen. Vielleicht noch wichtig bei einer Kündigung.... sollte man Ungereimtheiten bei der Abfindung (Finiquito) haben, niemals den Check oder Bargeld annehmen, mit der Annahme ist es sonst akzeptiert. Den Erhalt des Kündigungsschreiben muss man unterschreiben aber auch hier im Zweifelsfall mit dem Zusatz unterschreiben Erhalten, aber nicht akzeptiert (Recibido, no acceptado).
Ich würde auch empfehlen sich immer einen Anwalt aus einem Bezirk zu suchen der außerhalb des Firmensitzes ist.

Hallo Canarias
24.02.2018, 17:54
100 Prozent richtig! Gerichtliche Klärungen sind tatsächlich immer von Erfolg gekrönt. Nur zeigt sich oft, dass die Arbeitgeber die fehlenden Spanischkenntnisse ausnutzen, und im Originalvertrag letztendlich andere Konditionen geschrieben stehen, als sie mit dem Arbeitnehmer besrochen worden sind. Ich betone: Es kommt durchaus nicht selten vor - heisst aber auch nicht, dass es jeder Arbeitgeber so macht.