Schreibtischtäter - oder schreib doch 'mal
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Schreiben kann doch jeder. Jeder? Im heutigen „Kommunikationszeitalter“, in dem kaum noch miteinander gesprochen wird, sich die Verständigung auf eMail und SMS beschränkt, der Informationsgewinn aus mitunter durchaus fragwürdigen Quellen sprudelt und die Kultur auf allen Ebenen zum Exoten wird, sollte man wieder mehr auf sich halten und das Experiment eigener Gedanken wagen. Schaden kann es sicherlich nicht - wenn man den Mut hat, kritische oder gar gegenteilige Meinungen zu hören. Ja, aber besonders SMS ist so schön, wenn ich meckern will, keine eigenen Ideen habe und keinem Gegenüber ausgesetzt bin.
Machen wir uns doch nicht kleiner als wir sind. Erinnern wir uns der Leistungsfähigkeit unserer kleinen grauen Zellen. Entdecken wir wieder die vielseitigen Themen des Lebens - des Alltäglichen, aber auch der Besonderheiten. Teilen wir uns mit und reden über dies und jenes weitab von Stammtisch, Supermarktpreisen und der Bedrohung der Menschheit durch Hundehäufchen.
Deshalb meine Idee: Schreib doch 'mal. Mach dir Gedanken über sinnige, lustige, witzige, ernste … Themen, die den müden Geist anregen oder auch nur ein Schmunzeln provozieren.
Schreib' in loser Folge oder auch nur einmalig. Ohne Verpflichtung - außer der einen: Es muss deinen Gedanken entspringen und über das Klatschniveau erhaben sein. Und so rund eine DIN-A4-Seite ist doch kein Sonnenuntergang!?
Und damit das alles mehr als nur heiße Luft ist: Im Anschluss mein erster Beitrag.
Unmöglich - diese Spanier - auf nichts ist Verlass
Wo mir der Thread doch so gut gefallen hat, probier ichs heute einfach auch mal.
Unmöglich - diese Spanier - auf nichts ist Verlass
Da wird man in einem wohl behüteten Deutschland groß. Da gibt es viel Presse, da gibt es viel Wissen. Man lernt von anderen Kulturen, man lernt viel über die Lebensumstände anderer Menschen. Man lernt, dass Spanier von 12 bis 4 Siesta haben, man lernt, dass das wichtigste Wort der Spaniern manana ist.
Und plötzlich lebt man auf einer kleinen Insel - mitten am Rand von Spanien - und stellt fest, auf die Spanier ist einfach kein Verlass. Man hat sich ein ganzes Leben lang Mühe gegeben die Welt einzusortieren, sie in kleine praktische Schubladen zu packen (böse Zungen nennen das Vorurteile) und dann kommen diese Spanier und haben nichts besseres zu tun, als sich einfach nicht dran zu halten.
Erlebt habe ich es schon oft, diesmal war es meine Vermieterin, die es wieder mal nicht für nötig hielt den Vorurteilen zu entsprechen. Sie war vor ein paar Wochen bei uns, sie wollte ihre Post abholen. Wie immer war sie extrem freundlich (na wenigstens in dem Punkt hat sie sich an das Vorurteil gehalten). Wenn sie da ist, fragt sie immer ob alles mit dem Haus in Ordnung sei, ob wirklich alles in Ordnung sei und ob ganz sicher alles in Ordnung sei. Ich antwortete zwei mal entspannt mit "Si, claro" bis mir bei der dritten Frage einfiel: Da ist noch was! Das Spülbecken in der Küche hat nen kleinen Riss, da tropft ein wenig Wasser raus. Strike, ich hatte was gefunden!
Ich nehme zwar nicht an, dass Sie das Waschbecken vor unserem Einzug absichtlich kaputt gemacht hatte, aber sie wollte sich bei uns in jedem Fall entschuldigen - für die gigantischen drei Tropfen am Tag - und versprach sich darum zu kümmern.
Bis dahin war das ganze mit meinen Vorurteilen ja noch einigermaßen vereinbar. Sie war - wie immer - sehr freundlich.
Ab da nahm das Unheil jedoch seinen Lauf. Meine Vorurteile versprachen mir keine weitere Reaktion - eigentlich war es mir jetzt auch nicht besonders wichtig, geschweige denn dringend. Zwei Tage späte stand sie mit dem Schwiegersohn, der bei einer kleinen Handwerksfirma arbeitet vor der Tür. Er schaute sich das Waschbecken an, meinte man müsse es austauschen, nahm Maß, fotografierte und meinte er würde versuchen ein passendes zu finden.
Das erschien mir ein recht optimistischer Gedanke (das Waschbecken hatte eine ganz seltsame Form), aber gut. Nach ein/zwei Wochen rief die Vermieterin, erzählte mir sie hätten leider wirklich kein passendes Becken gefunden und müssten daher ein eckiges und etwas größeres einbauen. Dazu müssten sie leider die Arbeitsplatte schneiden, das würde leider Dreck (die Platte ist aus Stein oder Marmor oder so) machen, aber es würde leider wirklich nicht anders gehen. Ihr Schwiegersohn würde morgen um vier kommen.
Am nächsten Tag stand er und ein zweiter Handwerker vor der Tür - das auch noch 15 Minuten zu früh. Seltsam, der Spanier hat um diese Zeit Siesta, was macht der vor meiner Tür!? Irgendwie klappt das mit meinen ganz persönlichen Vorurteilsschubladen immer schlechter. Anstatt das die beiden erst mal wild loslegen, fragen Sie nach Tüchern und ähnlichem um wenigsten die anderen Räume vor der bevorstehende Staubattacke zu schützen. Fail! Das passt schon wieder nicht so richtig zu meinem Bild.
Sie sägten, die Staubwolke vor dem Fenster wurde immer größer, mein Plan für die Abendgestalltung wurde mir immer klarer. Als sich der Staub gelegt hatte und die Arbeiten immer leiser wurden hab ich dann auch einen Blick in die Küche geworfen. Da standen die beiden und putzten. Schranktüren, in den Schränken, Kühlschranktür, Backofentür und und und. Nein, die Küche war danach nicht perfekt sauber, aber an einigen Stellen doch sauberer als vorher, an machen weniger. In jedem Fall reichte eine viertel Stunde Nacharbeit um die Küche wieder in Form zu bringen.
Leider hatten die Zwei beim Prüfen des Abflusses festgestellt, dass dieser ein wenig tropft. Sie hatten aber keine wirkliche Idee warum und meinten sie würden noch mal kommen und das in Ordnung bringen. Manana - na wenigstens ein kleines manana gabs. Am nächsten Mittag (es war schon wieder während der heiligen Siesta!) standen dann zwei andere Handwerker an meiner Tür und erzählten was vom fregadero. Ich wollte sie erst mal wegschicken, ich hatte kein Problem mit meinem Kühlschrank. Ich kam dann zum Glück doch noch mal auf die Idee leo zu befragen und weiß jetzt, das der fregadero mit dem Kühlschrank nicht so viel zu tun hat, sondern eher der Ausguss gemeint ist. Nachdem wir das Missverständnis mit freudigem Lächeln aus der Welt geschafft hatten, legten die zwei los, tauschten zwei Dichtungsringe und waren nach ein paar Minuten wieder verschwunden. Der fregadero ist jetzt dicht!
Heute Abend rief dann die Vermieterin noch bei mir an, erkundigte sich ob jetzt alles gut ist, wirklich gut ist und ganz sicher gut ist. Ich hab das diesmal wieder drei mal bestätigt. Ach und natürlich hat Sie sich für den Schmutz entschuldigt.
Irgendwie gerate ich bei den Spaniern immer an die Falschen! Die halten sich einfach nicht an meine Vorurteile. Gemeines Volk. ;-)