Zitat von
Saramago
"Fotorätsel" oder doch"Kartoffelsalat"?
Was ich durchaus verstehen würde, wären hier nur Rentner unterwegs, denen man "Forum statt Kreuzworträtsel" bieten will. Mich wundert allerdings die in deinem Satz beinhaltete Anspruchshaltung (Anspruch dann in Anführungszeichen), denn für die in Spanien Beschäftigten, egal welcher Nationalität, gibt es kaum ein wichtigeres Thema als diese Reform, die ja nur du und sonst niemand als "keine wesentliche Veränderung" einstuft.
Ich persönlich glaube nicht, dass du gerade in diesem Fall der richtige Ratgeber bist (wenn auch sonst oft), aber nun gut. Es ist ausserdem völlig sinnlos, bei der angesprochenen Frage irgendeinen Rat geben zu wollen, wenn man diese Reform so stehen lässt, wie sie jetzt veröffentlicht ist.
Der Grund ist sehr einfach. Unternehmer haben ein einziges definiertes Ziel: Mit dem geringstmöglichen Einsatz, in der kürzesten Zeit unter Ausnutzung aller legalen Mittel das meiste Geld verdienen.
Das ist alles, mehr ist da nicht. Mehr noch: Wer mehr von Unternehmern mehr verlangt als genau das, hat das System nicht verstanden. Wer Unternehmern Vorwürfe macht, weil sie nicht mehr tun als das, ebenso wenig.
Da das so ist, ist jeder Unternehmer, auch jeder Personalchef und jeder Einkäufer, dazu verpflichtet, die Kosten so weit zu minimieren, wie das nur irgend möglich ist. Es ist die Aufgabe dieser Menschen, es ergibt keinen Sinn, ihnen deswegen Vorwürfe zu machen, das ist fehl am Platz.
Alle weitergehenden Anliegen und gesellschaftlichen Ziele müssen also ausschliesslich über die Politik definiert und als Rahmenbedingungen vorgegeben werden, es gibt keinen anderen Weg.
Wenn dich jemand um Rat fragt, "dass sein Zeitvertrag weder verlängert noch in einen unbefristeten umgewandelt wird", dann zuck mit den Schultern und vergiss es. Denn genau das ist es, was ein Personalchef tun muss, um sein Betriebsergebnis zu optimieren. Es ist legal, er darf das tun, also wird er es tun. Tun müssen, es ist seine definierte Aufgabe! Denn tut er es nicht, wird er morgen selbst gefeuert von den Shareholdern, die Gewinne erwarten und sonst nichts.
So einfach liegt der Fall also. Da ist "Rat" vollkommen unnütz und sowieso wirkungslos, ausser: Such dir einen anderen Job, in dem dir dasselbe passieren wird (muss).
Die Arbeitsmarktreform wird das Lohnniveau noch weiter senken (Vorsicht, tom, jetzt kommt der Teil, der dich wieder überfordert). Ich bekam heute bereits einen Anruf eines grossen Unternehmens, in dem man sich hemmungslos darüber freute, dass man jetzt die komplette Belegschaft austauschen kann, indem man neun Monaten einen minimalen Umsatzrückgang verzeichnet, das Stammpersonal damit billig feuern und danach Niedriglöhner einstellen kann, ohne dafür irgendeine Genehmigung einholen zu müssen. Das ist legal nun so vorgegeben, also wird es gemacht. Ende der Ansage.
In Deutschland ist nichts anderes passiert. Telekom hat riesige Call Center aufgelöst, alle in die Arbeitslosigkeit geschickt und am folgenden Tag gesagt: "Nun gibt es da eine neue Firma (hintenrum von Telekom gesteuert natürlich), die stellt euch für 40 Prozent weniger Lohn für dieselbe Arbeit wieder ein - aber ihr müsst ja nicht, ist nur ein Angebot." Das betraf 12.000 Familien auf einem begrenzten geographischen Raum, die nirgendwo wieder Arbeit finden, um die Rechnungen des nächsten Monats zahlen können. Das ist Erpressung? Na sicher ist es das, aber legal. Also wird es gemacht.
Die Verelendungsschraube hat also dafür gesorgt, dass es in ganz Europa (auch in Deutschland) unzählig viele Menschen gibt, die mit 1.000 Euro oder deutlich weniger ihr Leben fristen und davon eine Familie ernähren sollen. Ob das ausreichend ist? Ob jemand mit dieser Vollzeitstelle von seiner Arbeit leben kann, ob auf den Kanaren oder in Deutschland? Natürlich nicht! Aber es ist legal, also wird es gemacht und niemand wird freiwillig mehr zahlen, sonst ist er der Nächste, der morgen auf der Strasse sitzt (siehe oben).
Wer sich als Arbeitnehmer darüber beschwert, wird morgen ausgetauscht, es gibt reichlich Menschen, die nach mies bezahlten Stellen streben, um irgendwie zu überleben. Kinder sitzen viele Stunden vor dem TV, der Spielkonsole, dem PC und sind allein. Beide Eltern müssen Vollzeit arbeiten, weil sie sonst in der Schuldenfalle versinken. In Spanien um so mehr, da das soziale Netz diesen Namen nicht einmal mehr mit Anführungsstrichen verdient.
Bis jetzt sind es noch 900 - 1000 Euro netto, in (meinem) von tom zitiertem Fall. In einem Jahr sprechen wir uns wieder. Die Reform wird auch diesen Wert mittelfristig noch deutlich senken, weil mit den neuen Massnahmen nur noch einer über Wohl und Wehe des Arbeitnehmers wacht: Der Unternehmer - und welche Aufgaben der einzig und allein hat in diesem Wirtschaftssystem, habe ich ausreichend dargelegt.
Weil das alles so ist und es innerhalb des Systems auch immer so weitergehen wird (weil es muss), ist ein absehbarer Banken- und/oder Euro-Crash keine so trübe Aussicht. Die moderne Versklavung kann sonst unmöglich ein Ende nehmen, weil sie systemisch so geplant ist. Deswegen sagte ich schon an anderer Stelle: DIESES System ist nicht zu reformieren, es braucht ein anderes - und nur das interessiert mich noch.