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Thema: Weihnachten

  1. #111
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    @ADMIN

    TECHNISCHER FEHLER !!! BITTE EINEN BEITRAG STEHEN LASSEN




    Die Christnacht der Weihnachtsbäume

    von Gitta Herzog


    Was wollen nur die vielen Leute hier?“, fragten sich die Nadelbäume und schüttelten unwillig ihr Tannenkleid. Sie fühlten sich in ihrer heiligen Ruhe gestört und schauten skeptisch auf die Menschen welche mit kritischen Blicken die Bäume taxierten. Als es dann zu einer Entscheidung führte hörten die Bäume sie sagen:
    “ Morgen holen wir den großen da, der passt genau zu unserem Innenhof“.
    Kaum gesagt waren sie auch schon verschwunden. Entsetzen machte sich bei den grünen Gesellen breit.
    „Was heißt das sie wollen dich holen Väterchen?“ fragte eine kleine Tanne leise.
    „Immer zur Weihnachtszeit, da suchen sich die Menschen die schönsten Nadelbäume im Wald aus, fällen sie und schmücken sie dann mit Glitzerzeug und Elektrokerzen. So stehen ihr dann ein paar Tage in ihrem Festgewand und danach werden sie wieder entsorgt, verbrannt, einfach weggeschmissen.

    „Das dürfen wir nicht zulassen“ weinte die kleine Tanne und schüttelte sich vor Gram.“
    „ Bis jetzt konnte kein Baum sich diesem Schicksal erwehren, erinnerte sich der hoch gewachsene Baum seufzend, es war alles eine Frage der Zeit bis sie auch mich holen.
    „ Auch ihr werdet nicht mehr lange da stehen, meinte er traurig.
    Ein kleiner aufgeweckter etwas strubbelig aussehender Kerl fing an zu protestieren. „Was soll denn das, wir lassen uns doch nicht einfach hier weg holen , das ist doch unsere Heimat, hier haben sich die Samen unserer Eltern ausgeschlagen und so sind wir dann entstanden. Wir wollen nicht so abgeholzt werden, wenn sterben, dann auf eine natürliche Weise. Auch wir haben ein Recht auf dieser Erde so zu leben wie es uns gebührt!“
    „Du hast vollkommen Recht“, ertönte eine tiefe Stimme von ganz oben.
    Alle streckten verwundert ihre Kronen gen Himmel und sahen den kugelrunden Mond strahlen.
    „Ich kann euch helfen, aber ihr müsst dazu diese Gegend verlassen und ich werde euch zu einer wunderschönen Wiese führen wo ihr vor den Menschen nichts zu befürchten habt.
    Ein Raunen ging durch den Wald und jeder wollte die Hilfe des Mondes annehmen.
    „Wenn wir alle gehen, dann ist keiner alleine“. Ich bleibe, meinte eine mittelgroße Fichte trotzig“.
    Sie schwellte ihr Nadelkleid und sprach hochmütig. „ Ich möchte gerne mal in so einem schönen Glitzerkleid mit Kerzen geschmückt in einem Zimmer stehen, da ist es mir egal wie lange ich noch lebe“.
    Fassungslos starrten alle auf die „Eitle“, wie sie von den Anderen schon immer genannt wurde. „Nun gut, es ist deine Entscheidung, wenn du hier bleiben willst, dann werden wir dich nicht länger überreden mit zukommen.“ „Nun aber rasch „, rief der Mond und passt auf eure Wurzeln auf.
    Einfach war es nicht die langen knurzeligen und zarten Wurzeln aus dem Boden zu ziehen, doch als es alle mit Ächzen und Stöhnen geschafft hatten, da führte Gevatter Mond die Auswanderer mit seinem hellen Lichtschein in ihre neue Heimat.
    Als sie noch einmal zurückblickten sahen sie eine aufgewühlte mit dicken Schollen versehene Einöde auf der nur noch ein einziger Baum genussvoll sich windend auf dem trostlosen Feld stand.
    „Ihr werdet schon sehen, ich werde die Allerschönste Fichte der ganzen Welt werden und ihr bleibt euer Leben lang mit der schmutzigen Erde verwurzelt.
    Doch all das hörten die Bäume schon nicht mehr. Da war ein Gestampfe und Getrippel über Wiesen, an Straßen vorbei, sogar über einen Berg mussten sie wandern. Doch die Angst abgeholzt zu werden und im Kaminofen zu enden war doch großer als diese Strapaze die der Mond ihnen zumutete.
    Die Nacht und der aufkommende zähe Nebel waren ihre Helfer. Denn oft war es gefährlich wenn Autos an ihnen vorbeifuhren. Da blieben sie wie angewurzelt stehen und bewegten sich nicht bis der grelle Scheinwerfer vorbei war.
    Ein großer Truck brüllte ihnen in die sensiblen Ohren und da sahen sie mit Erschrecken, dass er auf seinem Anhänger viele viele frisch geschlagene Weihnachtsbäume aufgestapelt hatte. Bei diesem Anblick gefror sie der Lebenssaft fast im Geäst.
    „Nichts wie weg“! schrie einer atemlos und die Kolonne bewegte sich in einem solchen Tempo das der Schnee unter ihren Wurzeln wie Staub davon flog.
    „Jetzt könnt ihr langsamer werden“, meinte der Mond mitleidvoll. Hier seid ihr in Sicherheit und drüben ist auch schon euer neues Zuhause. Außer Atem aber doch glücklich endlich am Ziel zu sein purzelten einige übermütig die Böschung hinunter und landeten auf einer herrlichen Schneewiese. Umrahmt von einem Gebirge im Hintergrund, einem See ganz in der Nähe.
    „ Oooo ist das schön“ raunten die Bäume. Jeder suchte sich einen für ihn passenden Platz an dem er sich nach Herzenslust ausbreiten konnte. Kräftig buddelten sie ihre Äste in den harten Boden um wieder Kontakt mit ihrer Mutter Erde zu bekommen.
    Der Mond war mit seiner Truppe zufrieden, der Nebel verflüchtigte sich und die kalte Morgendämmerung überzuckerte die jetzt recht müden Gesellen und jeder bekam ein wunderschönes Winterkleid verpasst.

    Gähnend bedankten sich einige noch bei ihren Helfern während die Anderen schon eingeschlafen waren.
    Sie schliefen den ganzen lieben langen Tag und merkten nicht einmal wie neugierig die Rehe an ihren Stämmen herumschnupperten. Auch eine große Schar von Spatzen huschte in ihren Ästen und zankten sich schrecklich um den besten Platz.
    Doch als es wieder Abend wurde und der gute Mond auf dir Bäume hernieder schien, da wurden sie auf einmal munter. Es war ja wirklich eine sehr ungewöhnliche Aktion für die Bäume, das musste man schon zugeben. Wieder gab es eine Menge zu bestaunen. Denn ihr Nadelkleid hatte nun auch gläserne Eiszapfen an ihren verschneiten Ästen. Ihre Tannenzapfen wurden von Frau Holle mit weißen duftigen Hütchen versehen und das Mondlicht strahlte so golden auf sie herab, dass sie sich nur staunend anblickten. Auch die Sterne hatten ihren Spaß an den Abenteurern und sie schüttelten ihren Staub auf die Aste dass sie vor deren Anblick so hell wie noch nie blinkten.
    „Heute ist die Christnacht“, da bekommt die Natur ihr schönstes Kleid „erklang die Stimme eines hell erleuchteten Comets.
    Da stimmten die Bäume ihm zu. So hatten ihre Zweige noch nie gefunkelt und geblinkt.

    „Wenn das die „Eitle“ sehen würde, dann würde sie vor Neid ihre grüne Farbe verlieren“, lachten sie übermütig.
    Denn sie waren sich alle einig, dass keine Menschenhand diese Schönheit in ihre Nadeln zaubern konnte wie es die Natur vermag.

  2. #112
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    Mein Schatz Helena

    von Andrea Schober


    Es war einmal eine Mutter, die lebte in der heutigen Zeit. Ihr ging es so, wie es vielen Müttern heute geht, dass sie nicht gerne den ganzen Tag zu Hause sitzen und Kinder hüten wollte. Sie hatte ihr einziges Kind, die 2-jährige Helena sehr gerne, aber zu Haus fiel ihr mittlerweile immer öfter die Decke auf den Kopf und so beschloss sie, wieder arbeiten zu gehen und ihr Kind derweilen zu einer Tagesmutter zu geben.

    Die Familie hatte auch einen Vater namens Roland, der sich allerdings wenig um familiäre Angelegenheiten kümmern wollte. Roland hatte seine Arbeit und es stand für ihn bereits vor der Geburt von Helena fest, dass er, wenn Helena auf der Welt war, auch weiter seiner Arbeit uneingeschränkt nachgehen wollte. Er war ein Mensch, für den seine Arbeit der Mittelpunkt des Lebens war. Um 8 Uhr morgens ging er aus dem Haus und abends kam er meist erst um 21 Uhr wieder heim. Den ganzen Tag über war die Mutter, die Karin hieß, alleine mit dem Kind zu Hause. Natürlich besuchte sie verschiedene Kurse für Mütter mit kleinen Kindern oder ging schon mal zu einer Freundin, aber wenn sie nach Hause kam, war alles so leer. Die Arbeit zu Hause musste erledigt werden und das Kind versorgt werden, aber außerhalb war niemand, der sich für das, was sie tat, interessierte. Es war ja selbstverständlich, was sie tat und Anerkennung gab es dafür nicht. Es war nicht so, dass sie sich nicht gerne um das Kind kümmerte und mit ihm spielte. Aber es fehlte ihr trotzdem etwas. Häufig, wenn sie sich abends hinlegte, überlegte sie, was es denn eigentlich war, was ihr fehlte.

    Dann fielen ihr Dinge ein, wie dass eigentlich die ganze Strasse, die ganze Umgebung in der sie wohnte, ziemlich tot war. Alle Erwachsenen gingen arbeiten von morgens bis abends. Die Kinder waren in einer Betreuung untergebracht. Die älteren Menschen saßen tagsüber fast nur in ihren Häusern und man sah kaum mal jemanden im Garten.

    Ihre Eltern wohnten weiter entfernt. Am Anfang, als Helena noch ein Baby war, kamen sie öfters zu Besuch, aber jetzt nur noch selten. Eigentlich war Karin darüber auch gar nicht so traurig, weil sie sich immer in alles einmischten und Karin alles nicht gut genug machte.

    Was ihren Mann betrifft, war dieser abends nach der Arbeit immer müde und geschafft, redete höchstens von seinen Problemen auf der Arbeit und den Dingen, die er morgen unbedingt noch erledigen musste. Karin fand das alles furchtbar. Er interessierte sich nicht dafür, wie sie den Tag verbrachte oder welche Fortschritte Helena heute wieder gemacht hatte.

    Sie beschwerte sich häufig über sein Desinteresse an der Familie. Er regte sich dann jedoch immer gleich auf, weil er schließlich das Geld für die ganze Familie verdienen musste. Sie dagegen hätte den ganzen Tag für sich und das Kind Zeit. Er hielt sie für undankbar und ungerecht und es war nicht selten, dass solche Gespräche in Streit endeten.

    Karin wollte nicht mehr so weiter leben und entschied sich schnellstmöglich wieder arbeiten zu gehen. Es tat ihr bei dem Gedanken immer sehr weh, dass sie Helena jetzt schon in fremde Hände geben musste, aber sie glaubte fest daran, dass sie eine gute und fürsorgliche Tagesmutter finden würde.

    Sie informierte sich in ihrem Bekanntenkreis und fand schnell eine Frau, die Helena mit in ihre Gruppe aufnehmen wollte.

    Am ersten Tag, als Karin Helena zur Tagesmutter fuhr, hatte sie ein komisches Gefühl im Bauch. Sie redete sich selber gut zu: „Es wird Helena sicher dort gut gefallen. Sie hat dort Spielkameraden und wird sicher bald gerne dort hingehen.“

    Karin ging mit Helena in das Haus der Tagesmutter und wollte erst noch etwas dort bleiben, damit sich Helena etwas einleben und an die neuen Gesichter gewöhnen konnte.

    Zuerst setzte sich Helena auf Karins Schoß und beobachtete die anderen Kinder. Nach kurzer Zeit stand sie auf, holte sich ein Spielzeug und setzte sich damit wieder auf Karins Schoß. Nach 20 Minuten stand Helena auf, nahm ihre Mutter an der Hand und wollte ihr das Bobby-Car zeigen, was sie in einer Ecke des Raumes entdeckt hatte. Karin folgte ihr. Helena stieg auf das Fahrzeug und Karin sollte sie anschieben. Das tat sie dann auch und schon kurz darauf konnte sich Helena alleine mit dem Fahrzeug fortbewegen. Sie schaute immer wieder zu Karin, lachte und winkte ihr zu. Karin wartete noch einige Minuten, dann hielt sie es für den richtigen Zeitpunkt, sich zu verabschieden. Sie sagte zu Helena, dass sie jetzt gehen müsste und später kommen würde und sie abholen würde. Helena könnte solange mit den anderen Kindern hier spielen und die Tagesmutter Frau Braun, würde solange auf sie aufpassen.

    Kaum war Karin ein paar Schritte Richtung Tür gegangen, sprang Helena erschrocken vom Bobby-Car auf. Sie schaute Karin unverständlich an und schrie: „Ich komme mit!“ Karin sagte, dass sie jetzt nicht mitkommen könnte, weil sie heute etwas wichtiges erledigen müsste. „Ich komme Dich nachher wieder abholen“, sagte Karin, setzte Helena wieder aufs Bobby-Car, gab ihr einen Kuss und verschwand schnell durch die Haustür. Kaum war sie draußen liefen ihr die Tränen übers Gesicht. Was sollte sie nur tun, hoffentlich würde sich Helena bald beruhigen, sie kam sich selbst so fremd vor, aber sie konnte jetzt nicht zurück. Also stieg sie in ihr Auto und fuhr nach Hause.

    Karin wollte sich heute über offene Stellen in ihrem Beruf informieren und verschiedene Telefonate führen. Doch immer, wenn Sie wieder einen Moment zur Ruhe kam, schien ihr das Haus noch ruhiger und leerer als sonst. Sie hatte das Bild von Helena vor Augen, wie sie fröhlich durch das Haus lief und ihr immer wieder dieses und jenes zeigte. Karin konnte sich einfach nicht mehr konzentrieren. Sie dachte nur daran, was Helena jetzt wohl machen würde. Hoffentlich saß sie nicht in einer Ecke und weinte nur. Karin schaffte an diesem Tag nicht viel, von dem, was sie sich vorgenommen hatte. Um drei Uhr nachmittags hielt sie es nicht mehr aus. Sie fuhr zu Frau Braun um zu sehen wie es Helena ging. Frau Braun öffnete die Tür. Als Helena Karins Stimme hörte, stürmte sie auf Karin zu und umfasste ihre Beine. Sie rief: „Mama, nimm mich mit, nimm mich bitte wieder mit, ich will mit Dir nach Hause gehen.“ Karin stand wie angewurzelt in der Tür, kreidebleich wurde sie im Gesicht. Sie hatte ja schon ein ungutes Gefühl, aber doch insgeheim gehofft, dass Helena sich in der Zwischenzeit etwas eingelebt hatte. Karin umarmte Helena und nahm sie hoch. Helena klammerte sich an ihren Hals und Karin hatte Mühe ihre Sachen noch einzusammeln. Dann fuhr sie mit Helena nach Hause.

    Sie hatte das Gefühl, es war der schrecklichste Tag in ihrem Leben. Sie wusste nicht was sie machen sollte. Würde Helena sich mit der Zeit an Frau Braun gewöhnen und vielleicht alles mit der Zeit besser oder würde jeder Morgen nun eine Katastrophe und jeder Abend ein neuer Schlag ins Gesicht. Sie kam sich so schlecht vor, dass sie sich für eine Rabenmutter hielt. Aber warum nur sie? Als ihr Mann abends heimkam und Karin ihm von dem schrecklichen Tag erzählte, sagte er nur: „Was hast Du denn erwartet. Natürlich fällt es Helena am Anfang schwer. Aber da muss sie durch und Du auch. Du wirst schon sehen, es wird jeden Tag besser.“ Karin fand das, was Roland sagte ziemlich kalt. Aber vielleicht hatte er auch recht. Sie wollte doch nicht gleich aufgeben, weil der erste Tag so schwer war. So entschied sie sich morgen einen neuen Versuch zu starten.

    Als Karin und Helena am nächsten Morgen gerade im Auto saßen, kam von Helena gleich die Frage: „Wo fahren wir denn heute hin?“. Karin hatte einen Kloß im Hals und konnte kaum sprechen. Schließlich versuchte sie so ruhig wie möglich zu sprechen: „Ich bringe Dich heute noch mal zu Frau Braun, es wird Dir dort heute sicher schon viel besser gefallen als gestern.“

    Helena aber schrie: „Nein, Mama, ich will nicht mehr zu Frau Braun. Ich will bei Dir bleiben.“

    Karin fühlte sich plötzlich so eingeengt, ihr schlug das Herz bis zu Hals, doch sie versuchte sich zu beherrschen. Sie sprach zu Helena: „Du bist doch erst einmal dort gewesen und beim ersten Mal ist immer noch alles so fremd und neu. Heute kennst Du alle Kinder schon ein bisschen und auch die Frau Braun. Ich fahre selber auch nicht nach Hause. Ich fahre heute in die Stadt und habe dort viel zu tun.“

    Helena schaute auf ihre Handschuhe und zupfte an ihnen herum, zog erst den Daumen lang und dann versuchte sie durch die Wolle hindurch die anderen Finger zu berühren. Sie sagte nichts mehr. Ließ sich von Karin bei Frau Braun abgeben und setzte sich dort gleich auf das Bobby-Car. Karin kam gar nicht mehr mit ins Haus, weil sie befürchtete, dadurch würde alles noch schlimmer werden. Sie fuhr in die Stadt und bemühte sich hauptsächlich an das zu denken, was sie zu tun hatte. Unterwegs fiel es ihr leichter sich abzulenken und sie holte Helena heute erst um 17 Uhr bei Frau Braun ab.

    Helena kam wieder gleich angelaufen als sie Karin hörte. Heute umarmte sie Karin aber nur kurz und lief dann gleich zur Tür hinaus. Karin setzte sie ins Auto, holte dann noch schnell ihre Sachen und fuhr mit ihr nach Hause. Sie war erleichtert , dass heute alles doch leichter ging als gestern, fand es aber etwas merkwürdig, dass der Unterschied so krass war. Zu Hause setzte sich Helena zu ihrer Puppe und blieb dort sitzen bis Karin das Abendbrot fertig gemacht hatte. Sie war leiser als sonst, aber schließlich begann sie doch richtig mit der Puppe zu spielen.

    Am nächsten Morgen, wollte Helena ihre Puppe mitnehmen zu Frau Braun, Karin hatte natürlich nichts dagegen. Helena schien schon verstanden zu haben, dass sie nun öfters zu Frau Braun fährt. Sie erzählte morgens im Auto nicht viel und ließ sich ohne Protest bei der Tagesmutter abgeben. Als Karin tagsüber bei Frau Braun anrief und sich informierte, sagte Frau Braun, dass sie zwar nicht viel mit den anderen Kindern spielt aber einen zufriedenen Eindruck machte. Sie sprach mit ihrer Puppe, kochte ihr Essen, sang ihr Schlaflieder vor.

    So ähnlich verliefen nun die meisten Tage. Karin hatte bald Vorstellungsgespräche und ein paar Wochen später gar eine Stelle gefunden. Die Wochentage verliefen so, dass Karin Helena morgens zur Tagesmutter brachte, arbeiten ging und abends um 17 Uhr Helena wieder abholte. Dann richtete Karin das Abendessen her, räumte die Küche auf und Helena beschäftigte sich alleine. Natürlich redeten sie auch miteinander, aber nicht mehr so viel wie früher. Karin war nun auch mit den Gedanken bei Ihrer neuen Stelle und froh dass Helena sie mehr in Ruhe ließ. Um 19 Uhr brachte sie Helena ins Bett.

    Das ging einige Wochen so. Schließlich kam Weihnachten näher. Karin dachte darüber nach, was sie Helena schenken könnten. Helena hatte in der letzten Zeit gar nicht mehr so viel Spaß an den Spielsachen, die sie besaß. Jetzt waren es nur noch drei, vier Teile mit denen Helena sich immer wieder beschäftigte und die restlich Spielsachen schaute sie nicht mehr an. Karin fragte Helena einmal ganz nebenbei, ob sie ein paar neue Sachen für die Puppe brauchen könnte, sie hätte ja jeden Tag das Gleiche an.

    Helena schaute sie erschrocken an. Zum ersten Mal nach langer Zeit, war wieder dieser Schreck in ihrem Blick und ihrer Stimme. „Nein Mama“, sagte sie, „die Mona möchte nichts anderes zum Anziehen und ich möchte das auch nicht. Ich möchte das Mona immer Mona ist und immer wie Mona aussieht.“

    Karin ließ nicht locker. Aber vielleicht möchte Mona ja ein paar neue Spielsachen?

    Helena sagte: „Nein, Mona braucht keine Spielsachen, sie hat ja mich und ich brauche auch keine Spielsachen, ich hab’ ja Mona.“

    Karin bekam wieder dieses komische Gefühl im Bauch, was hatte das jetzt wieder zu bedeuten, jetzt wo alles sich in ihrem Leben ändern sollte, jetzt, wo sie die Stelle neu angefangen hatte. War jetzt doch alles nicht so gut wie sie dachte? Sie wusste nicht, was sie von Helenas Worten halten sollte oder wollte sie sie einfach nicht verstehen?

    Karin legte sich hin, sie fühlte auf einmal wieder diese Leere. Sie schloss die Augen und auf einmal kamen ihr die Bilder von vor drei Monaten wieder in den Kopf. Sie sah Helena, wie sie im Haus herumlief und ihr ihre Spielsachen zeigte und dann dachte sie an jetzt, wie sie mit ihrer Puppe in der Ecke saß und mit ihr leise spielte.

    „Nein“, schrie sie plötzlich auf, „nein, das ist nicht mein Leben! Helena, Helena ist mein Leben“. Vor einem Moment auf den anderen packte sie eine Gewissheit: „Ich werde gleich morgen hingehen und alles wieder rückgängig machen. Helena bleibt wieder bei mir zu Hause. Ich werde mit ihr basteln und spielen. Ich backe mit ihr Weihnachtsplätzchen und wir werden zusammen die Küche vollkleckern. Helena wird wieder durchs Haus laufen und zu mir kommen mit ihren Spielsachen und mir werden vor Freude die Tränen über die Wangen laufen.

    Ich werde mir nicht mehr leer und verlassen vorkommen, weil ich ja den tollsten Schatz im Leben habe, den ich mir nur wünschen kann: meine Tochter. Später kann ich immer noch arbeiten, aber auf keinen Fall jetzt.

    Auf einmal spürte sie, wie ihr ein Stein vom Herzen fiel und sie weinte, weil sie so berührt war von ihren eigenen Gefühlen.

    Jetzt wollt Ihr sicher noch wissen, wie es Helena ergangen ist. Helena stand am nächsten morgen wieder mit ihrer Puppe im Kinderzimmer als Karin sie in den Arm nahm und zu ihr sagte: „Helena, Du darfst heute wieder bei mir bleiben.“ Helena schaute sie erstaunt an und fragte: „Ist heute Wochenende?“ Darauf antwortete Karin: „Nein, mein Schatz, heute ist kein Wochenende. Du darfst jetzt wieder jeden Tag bei mir bleiben, bis Du groß genug bist und in den Kindergarten gehen kannst. Helena fragte. Ist das auch wahr, brauche ich auch morgen nicht zu Frau Braun und übermorgen nicht.“ Karin sagte: „Nein, auch dann nicht“. Helena schaute sie nochmals an, dann stürzte sie sich auf Karin, umfasste ihre Beine und sagte „Ich hab Dich so lieb, ich will immer bei Dir sein“.

    Und Karin sprach: „Ich habe Dich auch so lieb und Du hast mir auch so gefehlt.“
    Helena setzte sich auf Karins Schoß und sprach: „Dann ist es ja gut, dass wir uns beide wiederhaben.“

  3. #113
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    Das Weihnachtsgeschenk

    Verfasser unbekannt !


    Besinnliche Geschichte für Erwachsene über ein Weihnachtsgeschenk, das eigentlich keines ist.

    Soll ich es als Geschenk einpacken?“

    Das Routinelächeln der Verkäuferin saß am Ende des langen Tages ein wenig schief und bildete einen Kontrast zu den akkuraten, in Windeseile geschnürten und mit der Schere glatt gezogenen Schleifen, die leicht und wolkig unter ihren Händen wippten. Als werte sie die Unentschlossenheit der Kundin vor ihr als Einwilligung, zog sie ein weiteres Stück Geschenkpapier von dem schweren Ständer mit den verschiedenfarbigen Rollen. „Nein, lassen Sie. Es ist kein Geschenk!“
    An einem Tag, an dem sie eine Kollegin vertreten und zusätzlich noch eine Kasse mit betreuen musste, war sie froh, nicht alles einpacken zu müssen, auch wenn sie mittlerweile fast im Schlaf Päckchen für Päckchen in Geschenkpapier wickelte, mit einer hübschen, aufwändigen Schleife verzierte und das alles in der Hälfte der Zeit, die sie noch zu Beginn des Weihnachtsgeschäftes gebraucht hatte. Sie dachte an den kleinen Jungen, der geduldig alle paar Tage in der Schlange wartete und ihr, wenn er endlich vorne stand, mit feierlichem Ernst ein selbst gebasteltes Geschenk hinhielt. „Für Mama, bitte einpacken!“, sagte er, oder „für Papa, Oma“. Manchmal sagte er auch gar nichts und grinste ein klein wenig verschmitzt als verstünde sie, dass der Beschenkte oder die Beschenkte geheim bleiben müsse. Die meisten Kunden nahmen diesen Service des Hauses ebenso ungerührt in Anspruch wie den kostenlosen Glühwein, die Lebkuchen und heuer auch noch die knallroten, papierdünnen Nikolausmützen. Es gab Leute, denen ein in Rekordgeschwindigkeit eingepacktes Geschenk noch zu lange dauerte.
    Ein Kunde hatte über die kunstvolle Medaillon-Schleife die Stirn gerunzelt und darauf bestanden, dass sie den tristen Bildband über Mecklenburg-Vorpommern schlichter verpackte. Es war ihr aufgefallen, dass es immer mehr Kunden gab, die die Bitterkeit ihres Lebens wie ein Schild vor sich hertrugen. Die Einsamkeit hingegen begegnete ihr still und oft von ausgesuchter Höflichkeit. Die Jüngeren versteckten sie berechtigterweise hinter Hoffnung, ihr Leben konnte noch viele Wendungen nehmen. Die alten einsamen Leute sogen Worte auf wie Schwämme und wogen sie kostbar. Ihr Blick glitt über die glänzenden Geschenkpapierrollen. Sie dachte an das Geschenk, dass sie ihren Mann machen würde. Etwas, das schon perfekt eingepackt war. Die Kundin vor ihr war unglücklich. Ein flüchtiger Blick genügte nach all den Jahren. Wie leicht ließ es sich in den Gesichtern lesen, gerade zur Weihnachtszeit. Sie ließ das Buch zusammen mit dem Kassenbon, einem eingeschweißten Lebkuchen, der lächerlichen Mütze und einem aufmunternden Lächeln in eine Tüte rutschen und wünschte automatisch ein frohes Fest.
    Die junge Frau erwiderte den Gruß knapp, nahm die Tüte zu den restlichen und trat eilig aus der Schlange. Die kommerzielle Weihnachtsmusik klang ihr nun schrill in den Ohren. Sie drängte zwischen den unzähligen Mänteln, Jacken, Tüten und Taschen zum Ausgang. Kalte Luft schlug ihr wohltuend entgegen. Eine Gruppe Teenager, die sich gegenseitig die bunten Mützen von den Köpfen zogen, rempelten sie, ehe sie johlend im warmen Kaufhausbauch verschwanden. Vor dem Einkaufscenter standen Nikoläuse und prosteten sich mit Glühwein zu. Ein Christbaumverkäufer pries lautstark seine Ware an. Sie floh in das bleigraue Dunkel stiller Straßenzüge. Es begann heftig zu schneien. Dicke wattige Flocken, die um Straßenlaternen wirbelten und Sekunden später in deren Licht erstarben. Mit dem Schnee kam der Wind und schneidende Kälte. Sie stellte die drei eleganten Papiertüten kurz in den Schneematsch und zog die pelzgefütterte Kapuze ihres Mantels hoch. Ihr fiel ein, dass sie vergessen hatte, die Heizung zu Hause anzustellen, wieder einmal. Und doch war es nicht die Aussicht auf diese Kälte, die ihre Glieder bleiern werden ließ. Ihr Blick fiel auf das kleine, altmodische Cafe gegenüber, in dem sie ab und zu frühstücken pflegte. Sie mochte die eigentümliche Ruhe die dort herrschte, seit Jahrzehnten wie ihr schien und die alle Hast hinter den zart geblümten Vorhängen zurückhielt. Ein bisschen dieser Ruhe würde gut tun, ebenso wie die hervorragende Tasse Schokolade, die man dort bekam. Dunkel und vollmundig, aber nicht zu süß. Geblendet vom heftigen Schneetreiben stieß sie die Tür auf und erschrak. Das Cafe war voller Menschen und summte wie ein Bienenstock. Die junge Bedienung, die sie erkannte und nun unschlüssig stehen sah, nickte ihr freundlich zu und wies auf einen kleinen Tisch, an dem noch ein freier Platz war. Zögernd schob sie sich durch ein Grüppchen von Leuten. Sie stellte ihre Tüten dicht neben sich, schälte sich aus dem feuchten Mantel. Es war warm hier, zu warm und zu laut, und doch hinter all dem Trubel entdeckte sie die Stille. Wie ein feiner Nebel hing sie in den Ecken und dämpfte die Gespräche. „Wie immer?“, fragte die Bedienung. Sie nickte und wenig später stand eine dampfende Tasse heißer Schokolade vor ihr. Sie ließ ihren Blick schweifen, ein paar Leute kannte sie flüchtig. „Ist hier noch frei?“ Sie nickte und rückte noch ein wenig zur Seite, damit genügend Abstand zwischen ihr und dem neuen Gast blieb. Ein Mann mittleren Alters, der sich in einem fort räusperte und angestrengt in seine Tasse Kaffee blickte. Weihnachten würde sie nun doch zu ihren Eltern fahren. Sie würde das Geschwätz ihrer aschfahlen, langnasigen Tanten ertragen, die mit Besitz und prächtigen Karrieren ihrer Kinder wetteiferten. Ihre kleine Schwester würde davon nur kurz mit ihrem neuen rotbäckigen Nachwuchs ablenken können. Die Nasen der Tanten waren sich einig: Ja, Kinder kriegen konnte sie, eins nach dem anderen. Das zählte. Sie hingegen würde nur spitze Blicke und zähes Schweigen ernten, die sorgenvolle Blicke ihrer Mutter wie Messerstiche im Rücken spüren. Keinen Mann, kein Haus, keinen Nachwuchs. Verloren mit Mitte dreißig in der Großstadt. Alles Unausgesprochene würde Vater mit seinen gnadenlosen Raubeinigkeit und Taktlosigkeit spätestens am zweiten Feiertag aufgreifen und den gehassten Schwestern seiner Frau, die ihn für einen Versager hielten, um die Ohren hauen, bis sie beleidigt Nase an Nase das Weite suchten. Sie würde zu viel essen, zu viel trinken und bevor sie beginnen würde, zynisch zu werden, würde sie wieder abreisen, den enttäuschten Blick ihrer blassen, stillen Mutter im Rücken. Sie seufzte stumm, legte das Geld für die Schokolade auf den Tisch, zog den Mantel über und nickte dem Mann kurz zu.
    „Entschuldigung, Sie haben das vergessen!“, kam er ihr wenig später zur Tür nachgeeilt und hielt ihr verlegen eine Papiertüte hin. Das Buch, das sie aus Sentimentalität gekauft hatte. Es tat immer noch weh. Doch es hatte keine Bedeutung mehr, sie würde es nicht aufschlagen, es auch niemand anderes schenken, obwohl....
    „Oh, das. Da habe ich mich schrecklich vergriffen. Es ist bald Weihnachten. Vielleicht haben Sie Verwendung dafür. Frohes Fest!“, sagte sie und lächelte kurz und freudlos. Noch bevor der Mann protestieren konnte, schlüpfte sie hinaus in den dichten Schneefall. So gut es ging hielt sie sich an der genossenen Wärme und Stille fest, ehe die Einsamkeit und die Kälte zurückkehrten.
    Der Mann verstand nicht. „So warten Sie doch, Sie können doch nicht..!“ Er folgte ihr vor die Tür. Doch die Schritte der jungen Frau entfernten sich rasch im watteweichen Schneeteppich, der sich lautlos ausgebreitet hatte. Für einen Augenblick erwog er, ihr nachzulaufen, doch dieser Augenblick verrann wie alle die anderen Momente, Augenblicke und Gelegenheiten, in denen er spontan sein wollte und es dann doch sein ließ. Er kehrte an den Tisch zurück. Die Tüte machte ihn verlegen. Er sah sich um, aber die anderen Gäste nahmen keine Notiz von ihm. Verrückt waren manche Leute, kauften Sachen, die sie nicht brauchen konnten und schenkten sie Wildfremden.
    Wut wallte für einen Moment in ihm hoch, verebbte ebenso schnell. Er griff in die schmale Tüte, zog Nikolausmütze und das Buch hervor und legte es neben seine Tasse. Die Mütze schob er achtlos beiseite. Leuchttürme von Jean Guichard. Er schlug das Buch auf und ließ seine Finger über die bunt bebilderten Seiten gleiten. Die brillanten Farben, ohne Zweifel, es war sicher sehr teuer gewesen. Spektakuläre Aufnahmen von Leuchttürmen in der Bretagne, an der amerikanischen Ostküste, in Schottland. Wind und wasserumtoste Leuchttürme, die allen Widrigkeiten trutzten, stark und ungerührt. Er war kein Leuchtturm. Alles rührte ihn an, machte ihn zu schaffen. Ob Marga sich darüber freuen würde? Geschenke, Geschenke. Die Kinder brauchten doch noch Geschenke.. Buchhalter waren nicht mehr gefragt. Mit Mitte vierzig war er zu alt, mit der Firma für die Geschäftswelt gestorben. Längst hatte er resigniert, auch wenn er es nicht zeigte, sich bewarb und bewarb, wenn es irgendwo etwas zu bewerben gab und sich fortbildete, wie man es ihm auftrug, um die Zeit totzuschlagen. Zu Hause hielt er es nicht mehr aus, auch wenn sie alle Rücksicht auf ihn nahmen. Er konnte Margas stumme Verzweiflung nicht ertragen. Sie würde keine Freude an diesem Buch haben, was interessierten sie Leuchttürme in Schottland, wenn die Schullandheimfahrt der Söhne nur unter größten Entbehrungen möglich war. Er legte Buch und Mütze in die Tüte zurück, der Kassenbon fiel ihm entgegen. Wieder ein Impuls, ein Gedanke. Die Läden waren noch geöffnet, er konnte das Buch mit dem Kassenbon zurückgeben. Von dem Geld könnte er den Kindern Taschengeld geben, oder Marga eine Kleinigkeit kaufen. Da war dieser Schal, den sie letzte Woche in einem Prospekt so ausgiebig betrachtet hatte. Der Gedanke überdauerte den Moment.
    „Hier! Bitte füllen Sie das aus!“ Die Verkaufsberaterin reichte dem Herrn einen Rücknahmeschein, dann blickte sie überrascht auf den Bildband. Diese Leuchttürme. Sie hatte das Buch vor kaum einer Stunde verkauft wie der Kassenbeleg zeigte. An eine Dame, da war sie sich ganz sicher. Nun sie wunderte sich nicht mehr. Kurz vor Weihnachten war das Kaufverhalten vieler Kunden extrem. Sie zeichnete den Beleg gegen und trat von einem Bein auf das andere. Ihre Füße waren schwer geworden. Sie war auch müder als sonst, doch all das hatte seinen Grund, einen süßen, wunderbaren Grund. Ihre Gedanken eilten voraus, nach Hause, als sie dem Herrn vor ihr das Geld für das Buch zurückgab.
    „Seien Sie so freundlich, und stellen Sie die Retoursendungen in die Regale zurück! Einige liegen hier schon seit Tagen.“, beauftragte sie eine junge Auszubildende, die ihr kurz vor Ladenschluss zugeteilt wurde. „Frohe Weihnachten!“, wünschte sie dem ernsten Herrn, der seine Geldbörse in die Jackentasche schob. In einer Viertelstunde würde sie Kasse machen und dann war endlich Feierabend.
    Er dachte an seine Söhne, die er liebte und daran, dass er aufgehört hatte, es ihnen zu zeigen. Sie konnten alle reden, diese geschulten Vermittler mit ihrer einstudierten Anteilnahme. Wie wollten sie verstehen? Sie hatten ihr Auskommen. Kein Schlechtes bestimmt. Er hielt vor einem kleinen Laden, in dem noch Licht brannte. Blechspielzeug, alte und neue Eisenbahnen samt Zubehör lag in der verstaubten Auslage. Erinnerungen tanzten wie die wild wirbelnden Schneeflocken um seine Nasenspitze. Jedes Weihnachten hatte er als Kind mit seinem Vater mehr Zeit auf dem Dachboden verbracht als in der Stube, in der die dicken schwäbischen Tanten saßen, ihre Likörchen tranken und Hitze verbreiteten, während die noch dickeren Onkels sich die Köpfe an den Dachbalken anstießen und wie kleine Jungs Eisenbahn spielten, mit Gegröle und roten Gesichtern, was vom Inhalt der bauchigen Flasche herrührte, die Vater in einem der Tunnels versteckt hatte. Die riesige, alte Eisenbahnanlage lag sorgfältig in Kartons verpackt auf dem Dachboden. Er konnte sie zu Geld machen. Das Auto brauchte dringend einen Kundendienst, neue Winterreifen. Der alte Korff, so hieß er doch, war ein Eisenbahnfanatiker, kannte sich aus mit guter Ware, vielleicht machte der ihm einen anständigen Preis. Er überlegte, der Schnee fiel kalt in seinen Jackenkragen. Es brannte ja noch Licht und so verlor sich sein Zögern und er drückte die Türklinke. Beim rostigen Scheppern der Glocke wurde er weich. Er betrat den spärlich erleuchteten Laden, schüchtern wie damals an der Hand des großen, schweren Vaters. Es roch genau wie früher nach jener seltsamen Mischung aus alter Pappe und Maschinenöl und einer gewissen Feierlichkeit, die sich in den Mienen der Männer spiegelte, die hier ausnahmslos einkauften. Statt der akkuraten Ordnung herrschte aber nun ein heilloses Durcheinander auf den schmalen Regalen zu beiden Seiten des schlauchförmigen Raumes. Alte und neue Kartonagen mit halb und ganz ausgepackter Ware stapelten sich windschief in allen Richtungen bis unter die Decke. Eine staubige Haushaltsleiter war nachlässig gegen eine Regalwand gelehnt. Sein Blick blieb an der schwarzen Kleidung der schmächtigen, kleinen Frau hängen, die hinter dem wuchtigen Ladentisch über eine Kasse gebeugt stand. Natürlich, Marga hatte es doch erwähnt, wie so vieles, dem er nur mit halbem Ohr folgte. Der alte Korff war vor kurzem gestorben. Er wurde verlegen.
    „Tut mir Leid, wir haben schon geschlossen. Ich habe nur wieder vergessen, abzuschließen!“ Die alte Stimme klang erstaunlich fest im Gegensatz zu seiner, als er dann ein paar Worte murmelte und Beileid wünschte, sich auf dem Absatz wieder umdrehte.
    „Der Laden war sein Leben, wissen Sie. Die Kunden fragen nach all den Eisenbahnen und Spielzeug hier. Mein Telefon steht nicht still. Ich habe mich nie sehr dafür interessiert. Die Kasse stimmt nicht.“, sagte sie übergangslos mit einem Seufzer, der ein wenig Resignation verriet. „Kann ich ihnen helfen?“, sagte er, weil er nicht wusste, was er sonst sagen sollte. Wenig später zählte er das Geld in dem trüben Licht, prüfte die Kassenzettel. Mehrmals, er war etwas aus der Übung. Die Kasse stimmte bis auf wenige Euro. Die alte Dame bedankte sich überschwänglich, wirkte erschöpft. „Ich weiß, ich weiß. Ich muss den Laden verkaufen. Und dann wird das hier ne Kneipe oder so ein Stehcafe. Aber mein Mann hing so an den Sachen und den Kunden. Es war doch sein Leben“
    „Ich habe etwas Zeit, vielleicht…“, sagte er und verstummte. Die alte gebeugte Dame sah zu ihm auf, suchte seinen Blick. „Sie mögen Eisenbahnen, nicht wahr?“ sagte sie leise. Und ihr Lächeln war Weihnachten.
    ……..
    Das junge Mädchen ordnete eilig Bücher in die Regale zurück. Die Hektik der letzten Stunde, in der man sie überall gleichzeitig brauchte, machte sie nervös. Sie rempelte den Kunden hinter sich, wurde rot während sie sich mehrmals entschuldigte. Der Kunde nahm sie nicht wahr, griff an ihr vorbei nach dem Bildband, den sie eben zurückgestellt hatte.
    Tatsächlich, es war das Buch, nachdem er seit Minuten fieberhaft gesucht hatte. Nun stand es wieder da. Einfach so. Und es war ihm als höre er wieder ihr perlendes Lachen, fühle ihren spöttischen Blick, als sie sich hier zum ersten Mal begegnet waren, gleichzeitig nach den Leuchttürmen von Jean Guichard griffen und einen Zipfel vom Glück in Händen hielten. Später stellten sie fest, dass ihr Geschmäcker verschieden waren, oft genug stritten sie über den einen oder anderen Bestseller, jedoch immer anregend, nie ernsthaft wie über viele andere Dinge. Die Erinnerung an ihre blitzenden Augen, ihren gespielten Protest, als er ihr scherzend das Buch entwendete, war so lebendig, dass sie ihm einen Stich versetzte. Ab und zu waren sie hierher gekommen, um nach dem Buch zu sehen, diese erste gemeinsame Erinnerung zu genießen. Irgendwann, versprachen sie sich, würde es einer von ihnen kaufen, um es den anderen zu schenken. Irgendwann würden sie den Leuchttürmen und ihren Geheimnissen nachspüren. Dazu war es nie gekommen. Er ging nun fort, endgültig, und doch, diese Erinnerung wollte er für sich bewahren. Er musste sich beeilen, noch packen. Weihnachten würde er bei seinem Bruder und seiner Familie verbringen, Neujahr nach Ontario fliegen und sich in die Arbeit stürzen.

  4. #114
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  5. #115
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    Weihnachten unter der Autobahn

    von Burkhard Strunk

    Weihnachtsgeschichte mit tieferen Sinn


    …tja, das war Klasse, wie er gestern noch diesen Geschäftspartner über’s Ohr gehauen hatte. In nur fünf Minuten hatte er seinen Gewinn um 5% gesteigert, ohne mit der Wimper zu zucken. Sicher hatte der Andere jetzt einen Schaden, aber schließlich ist das sein Problem und nicht meins, dachte er bei sich. Jeder ist sich selbst der Nächste und schließlich war ja Weihnachten, da konnte man jeden Cent gut gebrauchen.
    Er fuhr gerade auf die Autobahn, in Richtung City.
    Weihnachten, ja, das ist was. Wenn schon langsam Ende September die Nikoläuse und Dominosteine die Regale füllten und die ersten Lebkuchen auf den Paletten standen, ging es los.
    Die Menschen stimmen sich langsam, noch vom Sommer gebräunt, auf Weihnachten ein. Die Kassen fangen an zu klingeln, die Ladenöffnungszeiten werden immer länger, die Sonntage verkaufsoffen und alle seine Kunden fangen an durchzudrehen, weil ja noch im Herbst und zum Jahresende hin investiert werden muss.
    Genau die richtige Zeit um schon mal den Ein oder Anderen abzuzocken. Kurz um, es war eine schöne Zeit, diese Vorweihnachtszeit.
    Wenn er seine Geschäftskontenstände sah, wie sie wuchsen und wie sich das ein – oder andere Sommerloch jetzt stopfte, wurde ihm ganz warm ums Herz. Richtig weihnachtlich.
    Er konnte die Menschen nicht verstehen, die in solch eine Melancholie verfielen, die Kerzen aufstellten, Lieder sangen und all diesen Herzschmerzkram zu Weihnachten rauskramten und von einem Fest der Liebe sprachen.
    Das war doch…. Er träumte und von hinten kam ein schnelleres Fahrzeug und drängte ihn mit Blinker und Lichthupe nach rechts ab. …“Ja doch du Esel, ich fahre ja schon rechts rüber. Du blöder Idiot, haste ’nen neuen Blinker bekommen, im Set mit Fernlicht, oder was?“ „Man schleich dich, ja ich zeig dir auch gleich ’nen Vogel, Freundchen“… wo war er stehen geblieben? Ach ja, Fest der Liebe. Er wusste, wenn er nicht gleich alles das finden würde, was auf seinem Zettel stand, dann wird das höchstens für ihn ein Fest der Hiebe. Es war mal wieder plötzlich Heiligabend geworden und er hatte wie immer keine Geschenke. Gut, dass in seiner Stadt am Heiligen Abend die Geschäfte jetzt bis 20:00 Uhr geöffnet hatten, sonst wäre er aufgeschmissen.
    Jetzt war es zwar erst 17:00 Uhr, aber wenn er wieder an den Stau in der City dachte, der von den ganzen Kirchgängern verursacht wurde, bekam er jetzt schon Beklemmungen. Dieses Volk, das glaubte, dass dieser Abend ein besonderer sei für die Menschheit. Die dann ihre Kinder in kratzige Stoffhosen packten, Feiertagsgesicht befahlen und die Mundwinkel der Kinder noch mal schnell mit Papas Stofftaschentuch und Mamas Spucke reinigten. Das waren seiner Meinung nach lauter ewig Gestrige.
    Diesen ganzen Firlefanz hatte er in seiner Familie schon länger abgeschafft. Da gab es die Geschenke sofort gegen Abend ohne diesen ganzen Quark vorher. Apropos Geschenke, jetzt wurde es aber Zeit.
    Seiner Frau ́ne Rolex, die, die sie schon so lange wollte. Dem Sohn ein I-Pod, bei diesem Wort dachte er zuerst sein Sohn wollte einen Eierbecher zu Weihnachten, aber dieser erklärte ihm dann, das es sich dabei um einen mp3 – Player handelt, der einen Bildschirm hat, auf dem man Videos sehen kann, und wahrscheinlich in 5 Jahren zum Mond fliegen wird, oder so.
    Seine Tochter wollte dieses tolle Handy aus Finnland, mit dem man jetzt chatten konnte, Bilder machen, Radio hören, seinen Zyklus berechnen, den Biorhythmus bestimmen und ja er war sich sicher, man konnte damit auch telefonieren.
    Für seine Schwiegermutter holte er wie immer einen Gutschein bei Douglas. Sie hatte dieses 4711 so gerne. Für ihn roch das zwar eher wie 08/15, aber er konnte seine Schwiegermutter sowieso nicht riechen, ob mit oder ohne Parfüm.
    Zwei Stunden später. Es hatte geklappt. Er hatte alles in Sack und Tüten. Diese Verkäufer. Jeder und Jede flötete „ gesegnete Weihnachten“, oder „frohes Fest.“ Er erwiderte immer nur ein kurzes „Jou“ und sah zu, dass er zurück zum Auto kam und nichts wie nach Hause. Na toll! Stau im Parkhaus!!! Und warum? Diese Tussi zwei Autos vor ihm hatte den Arm zu kurz um ihr Parkticket in den dafür vorgesehenen Schlitz zu stecken. Beim Versuch den Oberkörper hinauszuschieben, fiel das Zettelchen auch noch runter. Jetzt reichte es ihm aber. Er drehte seine Scheibe runter und rief. „Keine Eile Gnädigste, nächstes Jahr ist doch wieder Weihnachten, dann feiern wir das halt.“
    Die Frau stieg mit hochrotem Kopf wieder ein und es ging weiter. Er war jetzt an der Reihe. Ticket rein und ab. Was war das? Er wollte gerade losfahren, da stand eine ältere Dame vor seiner Motorhaube, mit einer Sammelbüchse in der Hand. „Sie sammle für Irgendjemanden in Not.“ „Er sei auch in Not, denn wenn er jetzt nicht schnell zu seiner Familie käme, würde wahrscheinlich der Handyvertrag seiner Tochter ablaufen, der I-Pod veraltet, und die Batterie der Rolex leer sein und überhaupt, für ihn sammle auch niemand.“
    Er brauste los und ließ eine verschreckte ältere Dame zurück. Weit kam er nicht. Es hatte plötzlich angefangen zu schneien, und die Autobahn war komplett zu. Die LKW ́s hatten sich quer gestellt und die lang anhaltende Kälte, hatte alles zu einer Rutschbahn werden lassen. Er stand still. Eine Stunde, zwei Stunden, nichts bewegte sich. Nach dem 20sten Versuch seine Familie zu erreichen hatte er aufgegeben. Zuerst war das Netz belegt, dann der Akku leer und ihm fiel wieder ein, dass er seine Ladevorrichtung schon länger reparieren lassen wollte. Im Radio meldete man, dass die Autobahn voll gesperrt sei, weil sich ein LKW quer gestellt hatte, und die Räumfahrzeuge, auf Grund der Witterung nicht durchkamen. Man solle die Vollsperrung weiträumig umfahren. Bei diesem Tipp hätte er fast ins Lenkrad gebissen. Danach sang noch so ein Knabenchor „Stille Nacht, heilige Nacht.“ Ihm platzte innerlich der Kragen. Seine Familie saß jetzt zu Hause im Wohnzimmer und wartet auf sein Kommen. Aber er war ja hier mit diesen Idioten, die auf den letzten Drücker aus der Stadt kamen, gefangen. Seine Frau wollte unbedingt dieses Jahr noch einmal einen Weihnachtsbaum, der Kinder wegen, aber er hatte sich schon vor Jahren dagegen durchgesetzt. Immer dieses genadel. Außerdem störten die Kerzen im Fernseher. Sie spiegelten halt, und das gefiel ihm nicht. Die Krippe hatten sie auch weggeworfen, nachdem das Jesus – Kindchen einen Arm verloren hatte, bei seinem Versuch, damit das Innenteil eines Kerzenständers zu reinigen.
    Nach drei Stunden auf der Autobahn musste er raus. Er wollte sich die Beine vertreten und es drückte ihn ein inneres Bedürfnis. Er ging zur Seite, über die Leitplanke an den Rand. Bei dem Versuch ein geeignetes Plätzchen zu finden, rutschte er aus und purzelte den Hang hinunter.
    Unten angekommen blickte er geradewegs in zwei große braune Augen, die ihn neugierig ansahen. Sofort kam unterhalb der Augen eine warme rosarote Zunge heraus, die ihn begann abzulecken. Er wehrte sich und hörte jemanden rufen: “Keine Angst, der tut nix, der will nur spielen.“ Er blickte sich um und sah, dass er am Fuße einer kleinen Autobahnbrücke lag. Unter dieser Brücke saßen drei Gestalten, die ziemlich übel aussahen. Einer kam auf ihn zu, half ihm auf die Beine, wünschte ihm gesegnete Weihnachten und lud ihn ein, an dem kleinen Lagerfeuer Platz zu nehmen, das unter der Brücke brannte.
    Die Drei waren gerade dabei sich einen Glühwein aus einer Tetra – Pack – Tüte, die sie zum warm werden dicht ans Feuer gestellt hatten, auszugießen. „Gesegnete Weihnachten?“ erwiderte er. „Gesegnete Weihnachten?“ „Was ist denn daran gesegnet.“ Ich stehe da oben im Stau, seit Stunden, zerreiße mir den Frack beim Versuch auszutreten, werde von diesem Aushilfswolf vollgesabbert, sitze mit fragwürdigen Typen unter einer kalten Brücke und meine Familie wartet zu Hause. Nicht dass sie mich vermissen, sie sind es gewohnt, dass ich immer später nach Hause komme als geplant. „Und sie sagen zu mir gesegnete Weihnachten?“
    Das Einzige das vielleicht noch an Weihnachten erinnert, sind die gelben Engel, die oben im Stau warmen Zitronen – Tee ausgeben. Man reichte ihm einen Becher warmen Glühweins, den er nahm und trank. Das tat gut. Es war eine Wohltat und es störte ihn gar nicht, dass der Becher aussah, als ob er seit seiner Inbetriebnahme nie Spülwasser gesehen hatte. Nach dem er sich etwas beruhigt hatte, fiel ihm auf, dass es hier unter der Brücke absolut ruhig war. Kein Lärm, Keine Autobahn. Nichts. Er blickte sich um. Die Drei hausten hier scheinbar schon länger. Paletten lagen da, auf die so etwas wie Matratzen gelegt waren. Drei Einkaufswagen standen dort, ordentlich nebeneinander geparkt. Vermutlich war all ihr Hab und Gut darin verstaut. Zwei Hunde gehörten zu diesem Gespann, wobei einer aussah, als ob fünf verschiedene Rassen in ihm ein zu Hause gefunden hatten. Die Drei hatten alte, zerrissene Mäntel an und aus ihren Schuhen schauten Zeitungen heraus, die die Füße warm halten sollten. „Tja, gesegnete Weihnachten ihr traurigen Gestalten. Von mir aus dann, es kommt nicht mehr darauf an. Wenn ihr in eurem Elend das so seht, ist es okay.“ „ Wieso elend?“ Sagte einer der Drei. “Wir haben alles was wir benötigen und wollten gerade anfangen Heilig Abend zu feiern. Du bist herzlich eingeladen, nun setz dich halt.“ Er setzte sich und einer der Drei, der Größere, holte ein kleines abgegriffenes Buch, das in Leder eingebunden war, aus seiner Manteltasche.
    Er schlug es auf, ziemlich in der Mitte, und begann zu lesen: „Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die Allererste und geschah zu der Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war.“ Wie lange hatte er diese Geschichte schon nicht mehr gehört? In ihm stiegen Erinnerungen an die Kindheit hoch, er roch förmlich die Plätzchen, die seine Mutter gebacken hatte, er sah sie, wie sie in der Küche stand. Heiße Backbleche vor sich und jede Menge Teig noch auf dem Tisch, der darauf wartete gebacken zu werden. Sie wischte sich die Hände an der Kittelschürze ab, und gab ihm wie jedes Jahr die Teigschüssel zum Auslecken. Wie jedes Jahr machte sie ihm mit ihren mehligen Fingern eine weiße Nase.
    Im ganzen Haus roch es nach Gewürzen, nach Orangen und die selbst gedrehten Bienenwachskerzen dufteten. „…und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge…“ Wie hatte er diese Geschichte geliebt, die Opa jedes Jahr an Heilig Abend vorlas. Er stellte sich dann immer alles genau vor. Die Könige, die Hirten, die vielen Schafe und Maria und Josef, die glücklichen Eltern, wie sie so auf dieses kleine Baby schauen. Er konnte das immer genau sehen. Dann diese Engel, die zu den Hirten kamen, zu den Menschen, mit denen sonst niemand etwas zu tun haben wollte, und gerade die erfuhren es zuerst.
    Und dann dieser mächtige Stern, der am Himmel stand und zu dem Ort hinzeigte, in dem das alles vor nun 2000 Jahren geschah. „…und fürchtet euch nicht, denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus der Herr…“ Er blickte auf, und sah in drei Gesichter, deren Augen sich mit einem wässrigen Glanz gefüllt hatten. Sie sahen so glücklich aus, so zufrieden, wie er das schon lange nicht mehr gesehen hatte. Diese Drei hier feierten Weihnachten. Sie feierten das größte Geschenk, dass es je gab. Sie strahlten so eine Zufriedenheit aus.
    „Weißt du“, sagte einer, „wir haben dieses Geschenk in uns. Wir tragen dieses Geschenk, dass dort in der Krippe lag in unseren Herzen.“ Es ist Gott, der uns da seinen Sohn geschenkt hat, und wer dieses Geschenk annimmt ist frei von Schuld und Bitterkeit, das ist für uns der Segen an Weihnachten.“ Jetzt füllten sich auch seine Augen, denn das waren fast auf den Punkt die gleichen Worte, die auch sein Opa nach dieser Geschichte zu sagen pflegte.
    „Deine Geschenke, die du oben im Wagen hast, sind vergänglich und gehen kaputt. Die Technik überholt sich selbst, die Düfte die du da hast verfliegen. Aber dieses Geschenk, wenn du es in deinem Herzen trägst, bleibt und wird dich immer begleiten. Dieses Geschenk wird dir in deinem Leben immer wertvoller. Diese anderen Geschenke befriedigen dein Verlangen nach mehr Besitz, aber dein Herz bleibt leer.“ „Das Kind in der Krippe, ist ein Geschenk, das dein Herz füllt und dein Verlangen nach mehr schrumpfen lässt.“
    Er blickte in drei Gesichter, die so erfüllt waren mit Freude, dass es ihn völlig aus der Fassung geraten ließ. Er stand auf, kletterte den Hang hinauf, lief zu seinem Auto und kam gerade rechtzeitig an, um als nächster loszufahren, denn der Stau hatte sich aufgelöst. Woher hatte denn dieser Mann gewusst, was er im Auto hat? Es war 04:00 Uhr morgens, als er zu Hause ankam.
    Der erste Weihnachtsfeiertag. Er hatte den ganzen Heiligen Abend unter dieser Brücke verbracht. Seine Frau und seine beiden Kinder kamen ihm entgegen, sie hatten die ganze Nacht gewacht und Ängste um ihn ausgestanden. Sie schlossen ihn in die Arme und freuten sich, dass er endlich da war. Er erzählte ihnen alles. Von dem Stau, seinem Sturz, der nassen Hundeschnauze, den Dreien unter der Brücke und seinem Erlebnis. Er erzählte ihnen, dass er Weihnachten neu erlebt hatte, dass er das wahre Weihnachten gefühlt hatte. Und man beschloss noch am gleichen Tag diese Brücke aufzusuchen und den Dreien einen schönen großen Christ – Stollen zu bringen. Über alldem vergaß die Familie ganz, dass der Kofferraum des Autos noch voller Geschenke war und man machte sich auf, um den Stollen zu verschenken. Als sie unter der Brücke ankamen, war dort keine Spur von Irgendjemandem. Auch an der Stelle, an der das Lagerfeuer gebrannt hatte war nichts. Keine Asche, keine Steine, keine einzige Spur. Er suchte nach Hundespuren, aber auch die konnte er nicht finden. Nachdenklich über all das gingen sie zurück zum Auto und fuhren nach Hause.
    Er kaufte noch schnell einen Weihnachtsbaum bei dem total verdutzten Händler und stellte diesen auf. Auch einer Frau, die mit einer Sammelbüchse daher kam, tat er reichlich hinein. Per online Banking überwies er einem Geschäftspartner 5% seines Gewinns und danach verschwand er auf dem Dachboden seines Hauses um nach etwas zu suchen. Als er wieder ins Wohnzimmer kam, in dem die Familie Platz genommen hatte, schlug er ein total verstaubtes Buch auf und las mit dem gleichen Gesichtsausdruck wie die Drei unter der Brücke:

    „ Es begab sich aber zu der Zeit….!“ Frohe Weihnachten euch allen.

  6. #116
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    Das vertauschte Geschenk

    (Autor unbekannt)


    Wie Sie sehen bin ich immer noch unverheiratet. Ich war einmal verlobt. Meine Verlobung ist aber wieder schnell gelöst worden.
    Wie es dazu kam, will ich ihnen erzählen:

    Weihnachten stand vor der Tür.
    Meine Braut und ich standen uns noch etwas fremd gegenüber. Es war daher sehr schwer, das richtige Geschenk für sie zu finden. Nach längerer Überlegung entschloss ich mich, ihr ein paar Handschuhe zu kaufen und ihr ein Briefchen zu übergeben, worin ich auf das Geschenk Bezug nahm.
    In dem Geschäft kaufte ich nun aber auch noch ein paar Schlüpfer für meine Schwester - als Bruder kann ich mir das ja erlauben. Aber durch die Unachtsamkeit der Verkäuferin sind beide Geschenkpäckchen vertauscht worden, so dass meine Braut die Schlüpfer und meine Schwester die Handschuhe bekam.

    Den dazugehörigen Brief will ich ihnen vorlesen:

    Liebe Eva!

    Lange habe ich nachgedacht, womit ich Dir als Zeichen meiner Liebe eine Freude machen kann.
    Neulich merkte ich, was Du am Nötigsten brauchst. Du findest dieses im beiliegenden Päckchen.
    Gern wäre ich dabei, wenn Du sie das erste mal anziehst. Am liebsten zöge ich sie Dir selbst an. Verlebe glückliche Tage darin.
    Sie sind sehr schön und werden Dir gut gefallen. Ich habe mit Absicht eine Nummer kleiner gekauft, denn sie weiten sich mit der Zeit, und es sieht besser aus, wenn sie richtig sitzen.
    Die Wahl war schwer. Ein paar ganz lange waren da, jedoch dachte ich mir, je kürzer, desto besser.
    Auch gab es welche mit Pelzfutter, aber die sind bestimmt zu warm auf der Haut und es geht ja auf den Frühling zu, wo Du, wie ich weiß, überhaupt keine trägst.
    Ich wollte Dir erst lederne schenken – mit Stulpen und Motiven, entschloss mich aber für glatte aus Dederon*. Verliere sie nicht.
    Wenn Du mal eingeladen bist, lasse sie nicht liegen. Ziehe sie daher nicht halb an und trage sie nicht heruntergeklappt.
    Ich habe mit Absicht Reißverschluss gewählt, falls Du's mal eilig hast.
    Wenn es warm ist, sieht es schick aus, wenn Du sie beim Spazieren gehen in der Hand trägst.
    Sie werden aber auch nicht lange sauber bleiben, denn viele Leute haben schmutzige Finger.
    Wenn Du sie reinigen willst, begieße sie mit Benzin und setz Dich in die Sonne.
    Bevor Du sie anziehst, kannst Du sie auch noch umtauschen. Die Verkäuferin passt Dir gern ein paar neue an.

    Viele Grüße und viel Freude
    an Deinem Geschenk wünscht Dir
    Dein Liebling


    * https://industry-press.com/dederon/

  7. #117
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    Friedolin, das Räuchermännchen

    von Thomas Weinmann


    Noch vor wenigen Tagen verbrachte Friedolin, das kleine aus Holz gefertigte Räuchermännchen, sein Dasein in einem der mit Fichtenzweigen festlich geschmückten Holzbuden am Weihnachtsmarkt.
    Nachdenklich erinnerte er sich an die klirrend kalten Tage im Freien zurück.
    "Dass du mir über die Adventtage nicht das Weihnachtsgeschäft mit deiner dauernden Plapperei verdirbst", flackste Werner der Holzbudenbesitzer Friedolin an und drohte ihm grimmig:
    "Sonst verheirate ich dich einfach mit der Nussknackertochter Erna!"

    Bumm, das hatte gesessen. Ausgerechnet mit Erna, der furchterregend aussehenden Erna mit ihren großen spitzen Zähnen, bei der jede Nuss beim Anblick ihres Monstergesichtes von selber entzwei brach. Das war ja wahre Erpressung und Friedolin war empört über die heftige Drohung und schwor sich, keinen Laut mehr von sich zu geben.
    Er hoffte auf ein Weihnachtswunder, auf eine Entführung einer guten Fee oder noch besser, dachte er, einen Weihnachtsengel, der ihn mit auf die Reise zum Mond mit den vielen leuchtenden Sternen nimmt. Jeden Tag beobachtete Friedolin ganz genau all die vorbeigehenden Leute, immer in der Hoffnung eine Fee oder einen Weihnachtsengel darunter zu erspähen. Was für Leute es da alles gab, Junge und Alte, Große und Kleine, Dicke und Dünne, er kam aus dem Staunen nicht heraus.
    "So viele Menschen und keiner will mich haben", murmelte er traurig in seinen Bart.
    "Musst mich wohl doch heiraten, he, he", spottete Erna, die in der zweiten Reihe auf dem Holzregal neben all den anderen Nussknackern platziert war. "Hab dich gestern gesehen als du dem kleinen Mädchen mit der Zuckerwatte in der Hand die Zunge gezeigt hast", lästerte sie weiter.
    Friedolin stampfte mit einem seiner hölzernen Beinchen auf und fauchte zornig zurück:
    "Muss ich mir denn alles gefallen lassen? Hast du auch gesehen, wie sie mich am Bart gezogen hat mit ihren von der Zuckerwatte klebrig gewordenen Fingern?", verteidigte sich Friedolin.
    "Dauernd greifen mich Leute mit ihren schmutzigen Händen an, bald wird mein weißes Haar und mein weißer Bart schwarz sein und Werner kann mich als Schornsteinfeger-Abklatsch zum Verkauf ausstellen", fuhr er verzweifelt fort.
    "Ich hab alles hier so satt!", brüllte Friedolin erboßt. "Werner, dich und all die gaffenden vorbeiziehenden Leute!"

    Erna und die anderen Nussknacker staunten nicht schlecht über Friedolins Wutausbruch. Es dauerte aber nicht lange, und sie spotteten schon wieder und machten sich über Friedolin lustig.
    Doch plötzlich verstummten alle, ein Aufschrei zog ihre ganze Aufmerksamkeit auf sich.
    "Sieh nur, wie süß der ist!", hörten sie eine junge Frau ihrer Freundin vor Begeisterung laut zurufen.
    "Den will ich haben!" und bevor Friedolin sich versah, hatte sie ihn mit ihren Händen umgriffen und zog ihn an sich heran.
    "Mmmmh und wie der herrlich duftet!" "Ja, nach Weihrauch und Myrrhe", brummelte Friedolin heimlich, rollte auffordernd lustig mit seinen Kulleraugen und hoffte, das hübsche junge Fräulein würde ihn mit sich nach Hause nehmen, ihn vor dem bösen Werner, der hässlichen Erna und ihrer dämlichen Nussknackerfamilie retten.
    Vielleicht war die junge blonde Frau ja sogar die Fee, die er sich vor wenigen Tagen noch so sehr gewünscht hatte oder gar ein Weihnachtsengel?
    Bevor er sich vor lauter Begeisterung nicht mehr im Zaum halten konnte, bremste er sich schnell wieder ein und beruhigte sich innerlich und sprach sich Mut zu.
    "Nur nicht die Ruhe verlieren Friedolin, alles wird gut".
    Und schwups, da packte Werner den kleinen hölzernen Friedolin am Schopf, wickelte ihn in ein weißes Seidenpapier und verpackte ihn in eine Tüte. Friedolin versuchte sich zu wehren, aber es war sinnlos, er war gefangen. Alles war so finster, er hatte Angst und schrie um Hilfe, aber keiner konnte ihn hören.
    Er fing an zu schluchzen und Tränen kullerten über seine Wangen.
    "Das war's nun", seufzte er. "Jetzt ist alles zu Ende, aus und vorbei", stammelte er weiter.
    "So sehr hab ich gehofft, das hübsche junge Fräulein mit den blonden Haaren würde mich zu sich nach Hause nehmen und Schuld daran ist nur dieser blöde Werner!", schrie er laut. "Warum tut er mir das bloß an?", Friedolin kämpfte erneut mit den Tränen.
    Doch auf einmal raschelte es furchtbar laut. Jemand zerrte und riss an dem Papier, das um seinen Körper gewickelt war.
    Zarte weiche Hände befreiten ihn von der Finsternis.
    Er konnte es nicht glauben, er sah in die wunderschönsten blauen Augen, die er je gesehen hatte.

    Er strahlte über's ganze Gesicht, es war die junge hübsche blonde Frau vom Weihnachtsmarkt, er erkannte sie gleich.
    "Sieh doch mal, wie sich unser Männchen freut", zeigte sie Friedolin lächelnd ihrer Freundin, gab ihm einen Kuss und zündete seine mit Weihrauch und Myrrhe vollgestopfte Pfeife an und stellte ihn an den schönsten Platz in ihrem Wohnzimmer.
    "Das ist das allerschönste Weihnachten!", sagte der glücklichste Friedolin erleichtert .
    "Mein Wunsch ist in Erfüllung gegangen, ein blonder Engel hat mich vor dem bösen Werner und der gruseligen Erna gerettet", schmunzelte er zufrieden.
    Er war für immer in Sicherheit.
    .

  8. #118
    Admin Avatar von felin
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  9. #119
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    Hola felin

    ...wenn sich in diesem Forum ein "BUG" eingeschlichen hat, musst Du mich NICHT dafür verantworlich machen !

    Das meine Vermutung mit einem "BUG", richtig ist, dürftes Du auch hieran erkennen:

    http://www.gran-canaria-insider.info...376#post309376

    siehe auf diese Buchstaben "Ä" oder auch "Ü" wie sie wiedergegeben werden, dass auch schon auf 1. Seite i. g. Link.

  10. #120
    Insider
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    Weihnachtswunsch

    von Barbara Pronnet

    Die zwanzigjährige Jenny, die eigentlich Weihnachten nicht aufregend findet – ja sogar spießig- Jenny ging als Christkind zur Weihnachtsfeier. Weißes kurzes Kleid und goldener Haarreif mit Heilgenschein auf den blonden Locken, kleine goldene Pappflügel und schon sah sie aus wie ein Rauschgoldengel. Die Kollegen fanden es super und sie genoss die Komplimente. Wegen hoher Arbeitsbelastung fiel der Event auf den 23.12. Morgen konnten sie ja alle ausschlafen und den verdienten Weihnachtsurlaub antreten.
    Jenny fand eigentlich gar nichts aufregend an Weihnachten und der Heilige Abend bei der Familie war nervig und spießig. Ihre Eltern behandelten sie wie ein Kleinkind und sie wurde sicher wieder gemästet und mit Liebe überschüttet. Seit Jenny allein wohnte, frönte sie mehr dem Nachtleben und fand sich mit ihren zwanzig Jahren cool und unabhängig.
    Die Feier war feuchtfröhlich und als die Idee kam, gleich anschließend ein frühes Frühstück im Cafe um die Ecke einzunehmen, war es schon nach neun Uhr morgens als sie sich alle lachend und müde von einander verabschiedeten.

    Jenny wohnte nicht weit weg von dem Cafe. Sie wollte ihren Brummschädel auskühlen lassen und ging zu Fuß nach Hause. Sie knöpfte ihre weiße Felljacke fest zu und marschierte, leise zu dem neuesten Hit summend, ihre kleine Einbahnstraße entlang. Neue Reihenhäuser mit schicken Vorgärten waren bereits festlich geschmückt und überall blinkte und funkelte es aus den Fenstern. Nur das letzte Eckhaus war ohne Glanz und Lichterketten und als Jenny am Gartentor vorbei ging, saß ein kleiner Junge vor der Eingangstür und schaute ziemlich traurig drein. Als er Jenny sah, glitt ein so freudiges Strahlen auf sein kleines Gesicht, dass Jenny stehen blieb und zurück lachte.
    „Na Kleiner, wer hat dich denn so Früh ausgesetzt?“ fragte Jenny kess wie immer.
    “Bist du das Christkind?“ fragte er vorsichtig.
    Jenny wurde sich ihres Outfits wieder bewusst und wollte gerade etwas klarstellen, als der kleine Junge schon das Tor geöffnet hatte und sie an der Hand nahm und Richtung Haus zog.
    „Halt warte doch mal“ Jenny ging in die Hocke und sah dem Jungen in die Augen.
    „Wo sind denn deine Eltern?“
    „Die sind heut früh schon wieder in ihr Büro, da sind sie eigentlich immer. Heute kommen sie sicher auch wieder spät, aber heut ist doch Weihnachten und der Christbaum liegt noch im Keller und wahrscheinlich vergessen sie sowieso das du heute kommst. Jetzt kommt dann gleich mein Babysitter, aber die ist doof und hört nur Musik und mag mich nicht“ sprudelte es aus ihm heraus.

    Und jetzt denkt er womöglich ich bin das Christkind, so ein Mist und das mir, dachte Jenny. Für sowas hab ich ja überhaupt keine Begabung.
    Sie überlegte kurz und besann sich. Es war Heiliger Abend.
    „Wie heißt du denn überhaupt?“ Jenny setzte ihr schönsten Lächeln auf.
    „Ben. Ich bin sechs Jahre alt. Er zeigte sechs kleine Finger in die Luft.
    „Pass auf Ben, du weißt dass ich heute viel zu tun habe, aber wo ich schon mal hier bin, komme ich kurz rein und trage dir den Christbaum hoch ins Wohnzimmer, ok?“
    Ben nickte ganz wild und schob Jenny Richtung Haustür.
    Noble Hütte, alles klinisch sauber und ziemlich ungemütlich, dachte sie sofort. Sie schlüpfte aus ihrer Daunenjacke und zog ihre Flügel in Form.
    Ben lotste sie gleich in den Keller und Jenny sah den Christbaum und den Halter dazu in einer Ecke stehen. Wenigsten war er nicht so groß. Sie klemmte ihn sich unter den Arm und Ben zog eifrig eine Kiste aus einem Regal
    „Der Schmuck ist da drin und die Krippe“ sagte er aufgeregt und lief schon wieder damit nach oben. Jenny versuchte ihre Kopfschmerzen auszuschalten und das Spiel einfach mitzumachen. Sie würde sich noch was einfallen lassen müssen wenn die Aufpasserin kam und sie hier antraf. Sie hatte Mitleid mit dem kleinen Kerl und eine Wut auf die abwesenden Eltern. Eigentlich sollten die hier sein und sich um ihr vereinsamtes Kind kümmern.
    Im Wohnzimmer befreiten sie gemeinsam den Baum aus dem Netz und steckten ihn mit viel Mühe in den Halter. Ben öffnete die Kiste und ein Sammelsurium aus edelsten Kugeln, Glasfiguren und Strohsternen kam zum Vorschein. Ben lief zum CD-Player und schon dudelte „Lasst uns froh und munter sein“ durch das Wohnzimmer.
    Jenny musste schmunzeln als sie den Kleinen beobachtete. Ben strahlte und plötzlich wusste Jenny was es hieß, Kinder mit großen Augen vor dem Christbaum zu sehen.
    „Ich weiß schon was ich geschenkt bekomme“, Ben hing vorsichtig eine rote Kugel an den Baum. „Eine ganze Menge Spielsachen, ein Fahrrad, Hörbücher und Süßigkeiten, aber das weißt du ja selber, weil du das alles heute Abend bringst“.
    „Du klingst aber nicht so begeistert. Stimmt, du bekommst eine ganze Menge, mehr als viele andere Kinder“.
    „Eigentlich wünsche ich mir nur das Mama und Papa mehr Zeit für mich haben. Sie sind immer weg und abends müde und heute wird das sicher auch so sein“.
    Jenny kniete sich zu Ben und sah ihm in die Augen.
    „Ben, erzähl deinen Wunsch deinen Eltern heute Abend und richte ihnen von mir aus, dass es nichts Schöneres und Wertvolleres gibt als Zeit für einander zu haben. Kein Spielzeug dieser Welt macht so viel Freude. Hast du verstanden?“
    „Ja, hab ich, ich sag ihnen das du dir das auch wünscht“.
    „Richtig, Weihnachten ist ein Fest wo alle Menschen zusammenkommen, sich zuhören und für einander da sind. Das wünscht sich das Christkind am meisten“.
    Der Baum sah wunderschön aus und sie schauten stolz auf ihr gemeinsames Werk.
    „Die Kerzen machst du aber erst an wenn deine Eltern wieder da sind, versprochen? Ich muss jetzt los und du bleibst im Haus, draußen ist es kalt.“
    Jenny ging in den Flur und zog ihre Jacke an. Plötzlich ging die Haustüre auf und ein junges Mädchen mit Kopfhörer und pinken Strubbelhaaren starrte sie entsetzt an.
    „Keine Angst ich bin nur das Christkind“ grinste Jenny. Sie streichelte Ben über das Haar.
    „Du wirst sehen, deine Eltern werden dir deinen Wunsch erfüllen, du musst nur fest dran glauben“.
    „Mach ich und danke, Christkind“ Jenny nahm den kleinen Jungen in die Arme und drückte ihn fest an sich.
    „Bis bald Ben und fröhliche Weihnachten“
    Jenny verließ das Haus und ging eilig weiter in ihre Straße. Sie hatte plötzlich eine solche Sehnsucht nach ihren Eltern und freute sich auf die Wärme und Geborgenheit die sie dort erwartete. So muss Weihnachten sein, dachte sie und hoffte, dass der kleine Ben seinen größten Wunsch erfüllt bekam.
    .

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